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Spuren solcher Entartung finden sich auch im alten Ägypten. Wissenschaftler haben entdeckt, dass die alten
                     Ägypter anfangs Monotheisten waren, sich jedoch später von diesem System abwandten und zur Sonnenanbetung
                     kamen. Le Page Renouf schreibt:


                         Es ist unbestreitbar wahr, dass die sublimeren Elemente der ägyptischen Religion nicht das vergleichsweise späte Ergebnis
                         eines Entwicklungsprozesses der Entfernung von etwas Grösserem ist. Sie sind nachweisbar alt und das letzte Stadium der
                         ägyptischen Religion, das den griechischen und römischen Autoren – ob Heiden oder Christen – bekannt war, war bei wei-
                         tem das abstossendste und verdorbenste.  76

                         Der  Anthropologe Sir Flinders Petrie sagt, abergläubischer, polytheistischer Glaube sei durch den Verfall des
                     Glaubens an einen einzigen Gott entstanden und dieser Verfallsprozess sei an heutigen wie an vergangenen
                     Gesellschaften sichtbar:

                         In alten Religionen und Theologien gibt es ganz verschiedene Klassen von Göttern. Manche Rassen, wie die modernen
                         Hindus  schwelgen in einer Überfülle von Gottheiten, die ständig grösser wird. Andere ... beten keine großen Götter an, son-
                         dern zu animistischen Geistern, Teufeln...

                         Wäre der Eingottglaube nur durch die Entwicklung aus solcher Geisteranbetung entstanden, so müssten wir eigentlich
                                            feststellen können, dass die Vielgötterei dem Glauben an den einen Gott vorausging... Was wir aber tat-
                                                      sächlich feststellen, ist das Gegenteil: Der Monotheismus ist das erste Stadium der
                                                         Theologie...

                                                            Wo immer wir den Polytheismus zu seinen frühen Stadien zurück verfolgen können, fin-
                                                            den wir, dass er aus Kombinationen von Monotheismus resultiert.   77



                                                             Die Ursprünge des abergläubischen Polytheismus in Indien

                                                                  Selbst wenn die indische Kultur nicht so alt ist, wie Kulturen des mittleren
                                                             Ostens, ist sie eine der am längsten existierenden Kulturen der Welt.
                                                                  Im indischen Heidentum ist die Zahl der sogenannten Gottheiten schier end-

                                                             los. Nach langer Forschungsarbeit kam Andrew Lang zu dem Schluss, die poly-
                                                           theistischen Religionen Indiens seien in einem ähnlichen Prozess wie im mittleren
                                                          Osten entstanden.

                                                            Edward McCrady schreibt über indischen religiösen Glauben und hat beobachtet,
                                                      dass die Gottheiten der Frühzeit den heiligen Schriften des Hinduismus zufolge als
                                                 unterschiedliche Manifestationen eines einzigen göttlichen Wesens angesehen wurden.           78  In
                                             den vedischen Schriften finden wir Spuren der Zerstörung der monotheistischen Vorstellung
                                          eines einzigen Gottes. Ein anderer Wissenschaftler auf diesem Gebiet, Max Müller, stimmt darin

                 Die abergläubische    überein, dass es am Anfang einen Eingottglauben gab:
                 Religion der Hindu
                 hat viele falsche     Es gibt einen Monotheismus, der dem vedischen Polytheismus vorausging; und so wie der blaue Himmel
                 Gottheiten. Doch      manchmal durch vorüberziehende graue Wolken scheint, so blitzt auch die Erinnerung an den einen, unendli-
                 die Forschung hat     chen Gott zuweilen durch den Nebel der heidnischen Phraseologie.  79
                 gezeigt, dass die
                 Menschen in den           Dies zeigt wieder deutlich, dass es keine Evolution der Religionen gab, sondern dass die
                 frühen Tagen der      Menschen der wahren Religion falsche Elemente hinzufügten oder bestimmte Gebote und Verbote vernachlässig-
                 indischen Kultur      ten – wodurch es schliesslich zur Entartung des religiösen Glaubens kam.
                 an einen einzigen
                 Gott geglaubt
                 haben.               Der Verfall der Religionen in der europäischen Geschichte


                         Spuren einer ähnlichen Ansteckung des Glaubens finden sich in der Geschichte europäischer Gesellschaften. In sei-
                         nem Buch Die Religion Griechenlands in prähistorischer Zeit schreibt Axel W. Persson, ein Experte für altgriechisches
                         Heidentum:


                         … entwickelte sich dort eine grössere Zahl mehr oder weniger signifikanter Gestalten, die wir in griechischen religiösen
                         Mythen finden. Meiner Auffassung nach beruht deren Vielzahl zum grossen Teil auf den verschiedenen Namen für ursprüng-
                         lich ein und dieselbe Gottheit. 80




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