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überleben, die schneller laufen. Die Herde wird deshalb in weiterer Folge
aus schnelleren und stärkeren Individuen zusammengesetzt sein. Dieser
Mechanismus hat trotzdem nicht zur Folge, dass sich die Wildherde weiter-
entwickeln und sich in eine andere Spezies verwandeln, etwa in eine Herde
von Pferden.
Deshalb hat der Mechanismus der natürlichen Selektion aber auch
keine evolutionäre Macht. Darwin selbst war sich dieses Umstandes be-
wusst und musste in seinem Buch “Die Entstehung der Arten” feststellen:
“Natürliche Selektion kann nichts bewirken, bis günstige individuelle
Unterschiede oder Variationen auftreten.” (Charles Darwin, The
Origin of Species by Means of Natural Selection, The Modern Library,
New York, S. 127)
Lamarcks Irrtum
Aber wie konnten diese “günstigen Variationen” dann entstehen? Dar-
win versuchte, diese Frage mit dem primitiven Wissenschaftsverständnis
der damaligen Zeit zu beantworten. Dem französischen Biologen Chevalier
de Lamarck (1744-1829) zufolge, der vor Darwin gelebt hatte, gaben Lebe-
wesen ihre erworbenen Wesenszüge während ihrer Lebenszeit an die nächste
Generation weiter. Er versicherte, diese Eigenschaften, die von einer Gene-
ration zur nächsten angehäuft würden, würde dazu führen, dass neue Arten
entstehen. So behauptete er etwa, Giraffen wären aus Antilopen entstanden;
als diese versucht hätten, die Blätter von den hohen Bäumen zu holen, seien
von Generation zu Generation ihre Hälse angewachsen.
Darwin führte ähnliche Beispiele an: In seinem Buch “Die Entstehung
der Arten” behauptete er beispielsweise, dass einige Bären, die ins Wasser
gegangen wären, um Futter zu finden, sich über die Zeit hinweg in Wale
verwandelt hätten. (Charles Darwin, The Origin of Species: A Facsimile of the
First Edition, Harvard University Press, 1964, S. 184)