Page 450 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 450
40. * * * [ Scipio, den] ich schon längst suche, und zu welchem ich zu
gelangen wünsche. Lälius. Du suchst vielleicht einen Einsichtsvollen.
Scipio. Richtig; Den gerade. Lälius. Nun so hast du ja selbst unter den
hier Anwesenden eine hübsche Auswahl; du darfst nur gleich bei dir
selbst den Anfang machen. Möchte doch, erwiederte Scipio, unter dem
ganzen Senat eine verhältnißmäßige Wahl seyn. Doch ich nenne einen
Solchen klug, der, wie ich oft in Afrika gesehen habe, auf einem
ungeheuren gewaltigen Thiere sitzend, dieses Thier zu bändigen und zu
leiten versteht, und wirklich die Bestie durch einen kleinen Zuspruch,
ohne einen körperlichen Zwang, dahin zu bringen weiß, wohin er will.
Lälius. Ich weiß es, und habe es oft gesehen, als ich dein Legat dort war.
330 . Jener Inder also oder Pöner bändigt Ein großes Thier, das dabei
gelehrig und von Menschen gelenkt zu werden gewöhnt ist: die
Seelenkraft aber, die in dem menschlichen Geiste verborgen liegt, und
welche Vernunft heißt, zügelt und bändigt nicht [nur] eins, und zwar ein
solches, das leicht zu zähmen wäre, wenn sie Dieß einmal zu Stande
bringt, was sie [jedoch] sehr selten vermag. Denn [im Zaum] halten muß
man nicht nur jene unbändige * * * 331
[Lücke von wenigstens vier Seiten.]
41. [– Sie nährt sich von Blut, und tobt bei aller Grausamkeit so wild und
frech, daß jammervolle Menschenleichen sie kaum zu sättigen
vermögen –]
[– Die Begierde [beginnt] mit Verlangen, [steigt bis zur] frechen Lust
und wälzt sich [endlich] in üppiger Sinnlichkeit –]
[– Drei Leidenschaften sind es, die die Menschen in blinder Hast zu
allen Verbrechen hetzen. Zorn, Begierde, Sinnenlust. Der Zorn will
Rache, die Begierde Schätze, die sinnliche Lust Genüsse – (Lact.)]
[– Die vierte, die Aengstlichkeit, neigt sich zur Traurigkeit und zum
Gram hin, und quält sich immer selbst –]
[– solche Angst sinkt im Unglück zur Selbsterniedrigung, zur
hoffnungslosen Furchtsamkeit und zur gänzlichen Erschlaffung aller
Thätigkeit herab –]
[– [da wird endlich die Vernunft] wie ein ungeschickter Fuhrmann,
vom Wagen [geworfen,] fortgeschleift, überfahren, weggeschleudert,
zerfleischt –]
[– die Aufregungen der Gemüther gleichen einem bespannten
Wagen, zu dessen richtiger Lenkung ein Haupterforderniß ist, daß der
Fuhrmann den Weg recht wisse; hält er sich auf demselben, so mag der
449