Page 829 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Bürgers, der nach der Krone strebte, ihn vor der verdienten Strafe retten
konnte.
Ferner sieht man die Staaten, in denen das Volk herrscht, in kürzester
Frist ausnehmend wachsen, weit mehr als solche, die stets unter einem
Fürsten gelebt haben, so Rom nach Vertreibung der Könige, und Athen,
nachdem es sich von Pisistratos befreit hatte. Dies kann aber nur daher
kommen, daß die Völker besser regieren als die Fürsten. Man halte mir
nicht entgegen, was unser Geschichtsschreiber an der oben angeführten
oder an irgendeiner andern Stelle sagt. Denn untersucht man alle
Ausschreitungen der Völker und Fürsten und alle ihre rühmlichen Taten,
so schneiden die Völker an Tugend und Ruhm weit besser ab. Sind auch
die Fürsten im Erlassen von Gesetzen, in der Begründung von Staaten,
der Einrichtung und Neuordnung von Verfassungen überlegen, so sind es
die Völker in der Erhaltung der Einrichtungen. Ja, sie verdienen dadurch
zweifellos ebensoviel Ruhm wie die Staatengründer.
Überhaupt sage ich, um dies Thema abzuschließen: Sowohl
Monarchien wie Republiken sind von langer Dauer gewesen, und beide
mußten durch Gesetze regiert werden; denn ein Fürst, der tun kann, was
er will, ist toll, und ein Volk, das tun kann, was es will, ist nicht weise.
Vergleicht man also einen an Gesetze gebundenen Fürsten und ein durch
Gesetze gefesseltes Volk, so findet man mehr Tugend beim Volk als beim
Fürsten. Vergleicht man beide in gesetzlosem Zustand, so findet man
beim Volk weniger Fehler, und diese werden geringer und leichter zu
bessern sein. Denn einem zügellosen, aufrührerischen Volke kann ein
wohlmeinender Mann zureden und es leicht wieder auf den rechten Weg
bringen; bei einem schlechten Fürsten aber sind alle Worte vergeblich;
gegen ihn gibt es kein Mittel als das Eisen. Hieraus läßt sich auf die
Schwere der Krankheit beider schließen. Denn wenn zu ihrer Heilung
beim Volke Worte genügen, beim Fürsten aber Eisen nötig ist, so wird
jeder zugeben müssen, daß das Übel da größer ist, wo es der stärkeren
Kur bedarf. Wenn ein Volk entfesselt ist, so sind nicht die Torheiten, die
es begeht, noch das gegenwärtige Übel zu fürchten, sondern das Übel,
das daraus hervorgehen kann, weil aus solcher Verwirrung leicht ein
Tyrann erstehen kann. Bei schlimmen Fürsten aber ist es umgekehrt;
man fürchtet das gegenwärtige Übel und hofft auf die Zukunft, da man
sich schmeichelt, daß aus seinem ruchlosen Betragen die Freiheit
erstehen kann. Wie man sieht, ist der Unterschied zwischen beiden
derselbe wie zwischen etwas, das wirklich besteht, und etwas, das
geschehen kann. Die Grausamkeiten der Menge richten sich gegen den,
von dem es fürchtet, daß er das Gemeingut an sich reißen will, die des
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