Page 865 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Seite 269, Anm. 73. und daß es ganz vor kurzem dem Papst und den
                Florentinern nicht schwergefallen wäre, Francesco Maria, den Neffen
                des Papstes Julius II., im Krieg gegen Urbino zu besiegen. Leo X.

                (Medici) wollte Francesco Maria della Rovere, den Neffen seines
                Vorgängers Julius II., vertreiben, um Lorenzo Medici an seine Stelle zu
                setzen. Dies gelang ihm zweimal (s. Lebenslauf, 1516 und 17) mit Hilfe
                von Florentiner Truppen, doch wurde der Vertriebene 1521 beim Tode
                Leos X. vom Volke zurückgerufen. Alle hingegen wurden von denen
                besiegt, die nicht Geld, sondern gute Soldaten für den Nerv des Krieges
                hielten. Unter andern Dingen, die König Krösos von Lydien dem Solon

                zeigte, war auch ein unermeßlicher Schatz. Als er ihn fragte, was er von
                seiner Macht hielte, entgegnete Solon, er halte ihn dieses Schatzes wegen
                nicht für mächtiger, denn Krieg werde mit Eisen, nicht mit Gold geführt,
                und es könnte einer kommen, der mehr Eisen hätte als er, und ihm sein
                Gold nehmen. Als nach dem Tode Alexanders des Großen eine große
                Zahl von Galliern nach Griechenland und von da nach Asien zog und

                Gesandte zum König von Mazedonien zum Zweck von Verhandlungen
                schickte, zeigte ihnen der König viel Gold und Silber, um seine Macht zu
                beweisen und sie einzuschüchtern. Bei diesem Anblick brachen die
                Gallier, die den Vergleich so gut wie geschlossen hatten, die
                Verhandlungen ab: solches Verlangen ergriff sie, ihm das Gold
                abzunehmen. So wurde der König durch das beraubt, was er zu seiner
                Verteidigung aufgehäuft hatte. Vor wenigen Jahren verloren die

                Venezianer ihr ganzes Gebiet, obwohl ihr Staatsschatz noch gefüllt war.
                S. Lebenslauf, 1509.
                     Ich sage daher, nicht Gold, wie die gewöhnliche Meinung lautet,
                sondern gute Soldaten sind der Nerv des Krieges; denn Geld reicht nicht
                hin, gute Soldaten zu schaffen, wohl aber reichen gute Soldaten hin,
                Geld zu schaffen. Hätten die Römer mehr mit Geld als mit Eisen Krieg

                führen wollen, so hätten bei der Größe ihrer Unternehmungen und den
                dabei zu überwindenden Schwierigkeiten alle Schätze der Welt nicht
                ausgereicht. Da sie aber ihre Kriege mit Eisen führten, litten sie nie
                Mangel an Geld, denn die, die sie fürchteten, brachten es ihnen bis in ihr
                Lager. Wenn jener spartanische König aus Geldmangel das Kriegsglück
                versuchen mußte, so widerfuhr ihm infolge des Geldmangels das gleiche,
                was oftmals aus andern Ursachen geschieht. Denn wenn einem Heere die

                Lebensmittel fehlen und es nur die Wahl zwischen Schlacht und
                Hungertod hat, so entscheidet man sich stets für die Schlacht, als den
                rühmlicheren Teil, bei dem man auch immer noch Glück haben kann.
                Auch das kommt oft vor, daß ein Feldherr angesichts einer Verstärkung,





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