Page 866 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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die dem feindlichen Heere naht, lieber die Schlacht wagt, als die
Verstärkung abzuwarten und dann mit ungleich größerem Nachteil zu
kämpfen. Ferner ersieht man aus dem, was dem Hasdrubal zustieß, als er
in der Mark von Claudius Nero und dem andern Konsul angegriffen
wurde, S. Buch III, Kap. 17. Gemeint ist die Schlacht am Metaurus (207
v. Chr.) im alten Umbrien, der jetzigen Mark. daß ein Feldherr, zur
Flucht oder Schlacht gezwungen, immer die Schlacht wählt, da er bei
diesem Entschluß, so mißlich er sei, immer noch auf Sieg hoffen kann,
bei dem andern aber durchaus verloren ist. Es können also mancherlei
Umstände einen Feldherrn gegen seinen Willen zur Schlacht nötigen,
und darunter kann bisweilen auch die Geldnot sein. Deshalb aber darf
man nicht glauben, das Geld sei im Kriege wichtiger als alles, was die
Menschen in diese Notwendigkeit versetzen kann.
Nicht das Geld also, um es nochmals zu wiederholen, ist der Nerv
des Krieges, sondern gute Soldaten. Geld ist wohl an zweiter Stelle
nötig, aber gute Soldaten können seinen Mangel von selbst überwinden.
Denn guten Soldaten kann es ebensowenig an Geld fehlen, wie das Geld
an sich gute Soldaten schafft. Die Wahrheit dieses Satzes zeigt die
Geschichte jedes Landes tausendfach. Obwohl Perikles den Athenern
zum Kriege mit dem ganzen Peloponnes riet, weil sie durch
Geschicklichkeit und die Macht des Geldes den Krieg gewinnen
könnten, und obschon die Athener im peloponnesischen Krieg mehrmals
siegten, verloren sie ihn zuletzt doch, denn die Klugheit und die guten
Soldaten Spartas vermochten mehr als die Geschicklichkeit und das Geld
Athens. Der Kronzeuge für meine Meinung aber ist Titus Livius. Bei
seiner Erörterung, IX, 17 ff. ob Alexander der Große, wenn er nach
Italien gekommen wäre, die Römer besiegt hätte, nennt er drei Dinge, die
im Kriege erforderlich sind: viele gute Soldaten, einsichtige Feldherren
und Glück. Nachdem er untersucht hat, ob die Römer oder Alexander
hierin den Vorzug hatten, zieht er seinen Schluß, ohne das Geld zu
erwähnen.
Als die Campanier von den Sidicinern gebeten wurden, die Waffen
für sie gegen die Samniter zu ergreifen, müssen sie ihre Macht wohl
nach dem Gelde und nicht nach den Soldaten abgeschätzt haben. Denn
nachdem sie den Beschluß gefaßt hatten, ihnen beizustehen, erlitten sie
zwei schwere Niederlagen und mußten sich zu ihrer Rettung den Römern
tributpflichtig machen.
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