Page 126 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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A. Lehmann.
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        färben, sogenannten Sensibilisatoren, färbt, wodurch die Wirkung einiger
        Strahlen verstärkt,  die Wirkung anderer dagegen geschwächt wird.
        Außerdem kann    die Einwirkung bestimmter Strahlen dadurch ge-
        schwächt werden, dass durchsichtige gefärbte Medien {»Gelbscheiben«)
        vor die Platte gebracht werden.  Durch eine zweckmäßige Wahl von
        Gelbscheiben und Sensibilisatoren wird man erreichen können,  dass
        die EmpfindHchkeit einer photographischen Platte für die verschiedenen
        Farben sich so verhält, wie es die beiden in Fig. 4 gezeichneten Curven
        darstellen:  die  Sensibilität würde  also  ein Maximum für Roth und
        ein Minimum   für Grün oder Grünblau    haben, und von   hier aus
        wüchse sie wieder gegen Violett.  Die Bedeutung einer solchen Yer-
        theilung wird durch die folgende Betrachtung verständlich.
           Wenn eine photographische Schicht für eine Farbe empfindlicher,
        sensibler, als für eine andere  ist, dann muss, bei derselben objectiven
        Intensität der beiden Farben,  diejenige  die größere photochemische
        Wirkung hervorrufen, für welche die Empfindlichkeit größer ist. Um

        also gleich große photochemische Wirkungen zu Stande zu bringen,
        müssen die Farben verschiedene Intensität besitzen, und zwar muss
        diejenige Farbe die größere Intensität haben, für welche die Schicht
        die geringere  Sensibilität  besitzt.  Nun wissen wir aber,  dass  die
        Tiefe,  bis zu welcher  die photochemische Wirkung  in  die Schicht
        eindringt, dem Logarithmus   der Lichtstärke  proportional  ist.  Es
        seien also die Reizstärken der Farben R^ bezw. R^, die Sensibilität der
        Schicht für diese Farben s^ bezw. s^, dann wird man in einer gegebenen
        Zeit gleich große photochemische Wirkungen erhalten, wenn



                                  logRx     si'

        Aus dieser Gleichung in Verbindung mit Gleich. 11 folgt:


                              logRx      si    kl'
        oder  in Worten:  die  Steigungscoefficienten  der Farben  sind  der
        Sensibilität der Netzhaut  für-  die betreffenden Farben proportional.
        Die  relative Größe  der Steigungscoefficienten  gibt uns  also  einen
        Ausdruck dafür, wie die Netzhaut für die verschiedenen Farben sen-
         sibihsirt  ist.  Zwar ist Gleich. 11 nur mit einer gewissen Annäherung
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