Page 124 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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A. Lehmann.
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        deren wahrscheinliche Werthe aus der Zahlenreihe abgeleitet werden
       können. In Gleich. 3, deren Gültigkeit für die Helhgkeitsvergleichungen
       wir eben dargethan haben, kommen indessen nicht weniger als sechs
       Constanten vor.  Weil die Anzahl der Constanten so groß ist, scheint
       die Uebereinstimmung zwischen Messung und Berechnung nicht be-
       sonders merkwürdig; viele andere Gleichungen könnten unzweifelhaft,,
       wenn eine ebenso große Anzahl unbekannter Constanten bestimmt
       werden,  dieselbe Uebereinstimmung mit den Messungen zeigen.   Es
       ist jedoch bei näherer Betrachtung leicht ersichtlich,  dass die Ver-
       hältnisse in dem hier untersuchten Falle ganz anders liegen.  Von
       den sechs Constanten der Gleich. 3  ist nur  eine,  z, aus eben den
       Messungen abgeleitet, für welche die Gleichung als gültig angenommen
       wurde.  Die fünf übrigen sind dagegen durch Messungen von ganz,
       anderer Art bestimmt und in die Gleichung, theoretischen Betrach-
       tungen zufolge,  eingeführt.  Hierzu kommt ferner,  dass  diese fünf
       Constanten thatsächlich auf drei reducirt sind, indem auf theoreti-
       schem Wege dargethan wurde, dass a,   b, a^ und  b)^^ Functionen von
       /i,  Ä;^; und  k)^ sind, während wir später auf empirischem Wege nach-
       wiesen, dass y ebenfalls eine Function von  /v^^ und  k)^  ist.  Mit an-
       dern Worten: Fünf der Constanten in Gleich. 3   sind aus  drei be-
       kannten Größen abgeleitet, die durch besondere Messungen bestimmt
       werden; nur x wurde aus den Helligkeitsvergleichungen   selbst be-
       rechnet.  Es  ist  leicht verständlich,  dass  eine willkürlich gewählte
       Gleichung nie unter diesen Bedingungen mit einer gegebenen Zahlen-
       reihe in Uebereinstimmung gebracht werden kann. Da Gleich. 3 nun
       thatsächhch zu unseren Messungen stimmt,  so  ist damit dargethan,
       dass die Gleichung eine rationelle Formel sein muss, der exacte Aus-
       druck des Gesetzes, welchem die untersuchten Erscheinungen unter-
       liegen.
          Wenn also Gleich. 3 wirklich das Gesetz der Helligkeitsvariationen
       der Farben ist,  so leuchtet  ein, dass wir aus diesem Gesetze auch
       die Ursache der Erscheinung ableiten können.  Wir kamen nämlich
       zu der erwähnten Gleichung, indem wir Ausdrücke für die Inten-
       sitäten zweier verschiedenen Empfindungen einander gleich  setzten.
                                                            des Gesetzes
       Die Bedeutung der psychophysischen Maßformel aber,
       für die Abhängigkeit der Empfindung von der Eeizstärke, kann kaum
       einem Zweifel  unterliegen.  Dieses Gesetz  ist unmittelbar nur  ein
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