Page 159 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Einleitung in die allgem. Theorie d. Mannigfaltigkeiten v. Bewusstseinsinhalten. 147
ander wirken und in verschiedenen Zuständen sich darbieten, müssen
so, wie sie im erfassenden Denken vorliegen, den Grrund für den
Mangel wie für das Vorhandensein von Beziehungen in sich tragen.
Kann dies für zusammengesetzte Bewusstseinsinhalte durch den Hin-
weis auf das Fehlen oder das Dasein von Bestandtheilen, die in der
Erfahrung gegeben sind, verständlich gemacht werden, so scheint es
mir für einfache Bewusstseinsinhalte nur dann begreiflich, wenn auch
da« empirisch Einfache als zusammengesetzt aufgefasst wird.
Hiemach besteht eine Analogie zwischen den Bewusstseinsinhalten
und den Substanzen nur insofern, als lediglich die Erfahiiing die
Quelle ist, aus der die Kenntniss der zusammengesetzten Beschaffenheit
geschöpft werden kann, so dass es dem Denken nicht venvehrt wird,
Bestandtheile anzunehmen, wo die Erfahi-ung keine kennen lehrt.
Die auf diese Voraussetzung zu gründende Untersuchungsweise ist
aber im Grebiete der Bewusstseinsinhalte von ganz andrer Art als im
Gebiete der Substanzen. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass
der für die Chemie so bedeutungsvollen Hypothese von den Molekülen
und Atomen der Substanzen in der Lehre von den Bewusstseins-
inhalten nichts Entsprechendes zui* Seite gestellt werden kann.
Zutreffender erscheint es mii* darum, die in der theoretischen
Mechanik angewandte Methode der Zerlegung von Ki'äften mit der
Zerlegung von Bewusstseinsinhalten in Parallele zu stellen. Da er-
fahrungsgemäß die, in der Bewegung massebegabter Objecte hervor-
tretenden Kräfte in ihrer Vereinigung wie eine einzige Kraft wirken
und eine resultirende Bewegung erzeugen, so kann auch eine Kraft,
die der Erfahrung zufolge nicht zusammengesetzt ist, in Componenten
zerlegt gedacht werden, so dass sie als ein Zusammenwirken vereinter
Kräfte sich darbietet. Es entsprechen alsdann den Componenten
von empirisch einfachen Kräften die als Elemente bezeichneten Be-
standtheile der einfachen Bewusstseinsinhalte: die Componenten sind
ebenso wie die Elemente bloß der Annahme nach, nicht in der Wirk-
lichkeit vorhanden. Und wie im Zusammenmrken der Componenten
die in der Bewegung sich äußernde Ki-aft als Thatsache vorliegt,
so wird der Verein der Elemente im Bewusstseinsinhalte als Realität
erfasst.
Es ist nur zu beachten, dass die Bewusstseinsinhalte keine Kräfte
sind und dass somit auch die Elemente der Bewusstseinsinhalte nicht
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