Page 178 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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E. Meumann.
      jßg



          2. Die Entwicklung des Spracliverständnisses Ibeim Kinde.
         Keiner der bisherigen Beobachter und Interpreten der kindlichen
     Sprachentwicklung hat die Entwicklung des Sprach Verständnisses
     beim Kinde auch nur einigermaßen genügend bearbeitet.  Gegenüber
     der altern Auffassung (Frey er und Lindner), welche ihr zu viel
     Bedeutung für die allgemeine Entwicklung des kindlichen Intellectes
     beimessen,  ist die Erforschung des reinen Sprachverständnisses in der
     Periode der »Hörstummheit« gegenwärtig vielfach zu sehr unterschätzt
     worden.   Nach dem Schema Erdmann 's würde        es  sich  einfach
     darum handeln, wie »die associative Verknüpfung zwischen den Wort-
     und Bedeutungsvorstellungen« zu Stande kommt.     Der Erwachsene
     hat ja Wort- und Sachvorstellungen;   associiren sich nun Sachvor-
     stellungen mit Wortvorstellungen, so sind sie Bedeutungsvorstellungen.
     Das Kind hört anfangs Worte, die für dasselbe bloße Worte (Laut-
     complexe) ohne Bedeutung sind;  anderseits  besitzt das Kind bereits
     vor dem Beginn    der  Sprachentwicklung  eine Fülle von Sachvor-
     stellungen, und die Frage ist nun, wie sich diese letztern mit jenen
     erstem verknüpfen? —    In  dieser Weise wird  vielleicht jeder das
     Problem formuliren, der es a priori construirt und nicht im Anschluss
     an die Thatsachen die Frage behandelt.  Die wirkliche Entwicklung,
     die ich sogleich ausschließlich an der Hand der Beobachtungen dar-
     legen werde, zeigt, dass bei der Auffassung Erdmann's ein logisches
      Schema, das auf den erwachsenen Menschen passt,  in das kindliche
      Seelenleben hineingetragen wird, von dem sich in der Wirklichkeit
     nichts  vorfindet.  Da  die Ausführungen Erdmann's     als  typisch
     betrachtet werden können für das Hineinconstruiren von Problemen
     in das kindliche Seelenleben,  die rein nach Analogie mit dem Er-
     wachsenen gebildet  sind,  so versuche ich den wahren Sachverhalt
     im Gegensatze zu Erdmann's Auffassung zu entwickeln.    (Man ver-
     gleiche zum Folgenden Erdmann, Die psychologischen Grundlagen
                           :
      der Beziehungen zwischen Sprechen und Denken, Archiv für syste-
      matische Philosophie II,  3, 1896,  ff.) — Nach der Auffassung von
      Erdmann erwirbt das Kind vor dem Beginn der Sprachentwicklung
      eine Fülle von »Sachvorstellungen«.  Sie sind im wesentlichen Wahr-
                                                               *
      nehmungsgeflechte  sinnlicher  Gegenstände«;  deren  Nachwirkungen
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