Page 211 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Sauerteig
Die Entdeckung von Bier und Sauerteig hängt eng miteinander zusammen. Bier
wird auch heute noch als flüssiges Brot bezeichnet. Nicht nur, weil dem Bier
ähnliche nahrhafte Eigenschaften zugesprochen werden, sondern auch weil die
Herstellung und die Rohstoffe vergleichbar sind.
Es ist nicht bekannt, was von beiden eher zum Zuge kam – Bier oder Sauerteig. Auf
jeden Fall geht es in beiden Fällen um Fermentation, eine Vergärung von zerkleinertem
Getreide mithilfe von Mikroorganismen. Schon 3700 v. Chr. wurde archäologischen
Funden nach in Ägypten und Mitteleuropa gesäuertes Brot hergestellt.
Im 15. und 16. Jahrhundert wurde allmählich mit Bierhefe aus den Brauereien gebacken,
aber Sauerteigbrot blieb bis ins 18. Jahrhundert vorherrschend. Während in den Städten
die zu immer günstigeren Konditionen produzierbare Hefe in Backwaren dominierte,
wurde auf dem Land häufig noch mit Sauerteig gebacken (Weizen- und
Roggenbackwaren). Erst im 20. Jahrhundert reduzierte sich die Funktion von Sauerteig
eher auf das Säuern als auf das Treiben des Teiges.
Was ist Sauerteig?
Sauerteig ist ein Gemisch aus Mehl, Wasser und Mikroorganismen. Dazu gehören
säuretolerante Hefepilze und vor allem Milchsäurebakterien. Von ihnen gibt es rund 10
Millionen Einheiten in einem Gramm aktivem Sauerteig. Sie sind stäbchenförmig und
etwa zwei bis neun Mikrometer (0,002–0,009 mm) lang. Sie unterscheiden sich nach
ihren Stoffwechselprodukten in gas-, milch- und essigsäurebildende sowie in
ausschließlich milchsäurebildende Bakterien.
Essigsäure ist eine sensorisch spitze Säure, die in großen Mengen im Brot als
unangenehm sauer wahrgenommen wird. Das Verhältnis von Essigsäure zu Milchsäure
im Sauerteig sollte etwa bei 20 Prozent zu 80 Prozent liegen. Obwohl die
essigsäurebildenden Milchsäurebakterien mit ihrem Kohlendioxidausstoß auch zum
Aufgehen des Brotteiges beitragen, übernehmen diese Rolle größtenteils die
sauerteigeigenen Hefen.
Sauerteig nach Recht und Gesetz
Die im „Deutschen Lebensmittelbuch“ festgeschriebenen Leitsätze für Brot und
Kleingebäck definieren den Sauerteig als einen „Teig, dessen Mikroorganismen (z. B.