Page 212 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Milchsäurebakterien, Hefen) aus Sauerteig oder Sauerteigstartern sich in aktivem
Zustand befinden oder reaktivierbar sind. Sie sind nach Zugabe von
Getreideerzeugnissen und Wasser zur fortlaufenden Säurebildung befähigt.“ Sie
untersagen zugleich, den Sauerteig mit anderen Methoden zu säuern als mittels eigener
Gärungsprozesse.
Tipp vom Profi
Bioläden, Reformhäuser und der Onlinehandel bieten Trocken- und Flüssigsauerteige an. Klingt praktisch,
immerhin spart es das Ansetzen eines eigenen Sauerteiges. Allerdings entwickeln diese Sauerteige in aller
Regel keine Triebkraft im Brotteig. Sie sollen den Teig lediglich säuern und etwas Aroma hineinbringen.
Flüssigsauerteige und einige Trockensauerteige sind mikrobiell tot. Es sind also keine aktiven Kulturen mehr
enthalten. Die Zugabe von Hefe im Brotteig ist unbedingt nötig.
Gesammelt oder gezüchtet – was ist die beste Sauerteigkultur?
Historisch betrachtet wurde sich seit rund 6 000 Jahren eines Zufalls bedient, um
Sauerteig herzustellen. Niemand wusste, welche der vielen natürlich vorkommenden
Hefe- und Bakterienstämme er sich mit seinem Gemisch aus Mehl und Wasser
eingefangen hatte. Diese als Spontangärung bezeichnete Methode, eine Sauerteigkultur
zu züchten, wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts zum großen Teil durch gezielt
gezüchtete Reinzuchtkulturen ersetzt. Ziel war eine gewisse Betriebssicherheit bei der
Sauerteiggärung.
Die mikrobielle Zusammensetzung und Aktivität von Sauerteig hängt von vielen
Faktoren ab, unter anderem Temperatur, Wassergehalt, Ausmahlungsgrad des Mehles,
Getreideart oder Menge der Starterkultur. Werden nicht weitgehend konstante
Bedingungen bei der Sauerteigpflege geschaffen, verändern sich die Eigenschaften. Im
günstigsten Fall bekommt er eine andere geschmackliche Ausrichtung, mehr oder
weniger Triebkraft sowie andere Säuremengen und Säureverhältnisse. Im ungünstigsten
Fall kommen Mikroorganismen zum Tragen, die das Brot ungenießbar machen oder den
gesamten Sauerteig zum Erliegen bringen.
Mit dem Einsatz einer bestimmten selektierten Sauerteigkultur ( Reinzuchtsauerteig)
sinkt das Risiko von Fremd- oder Fehlgärung. Die Arbeit mit Sauerteig wird einfacher.
Der Bäcker erkauft sich diese Vereinfachung aber auf Kosten des Geschmacks. Während
in gut geführten Spontansauerteigen viele verschiedene Kulturen am Geschmacksprofil
mitwirken, entwickeln Reinzuchtsauerteige einen eher monotonen Geschmack. Die