Page 93 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Tipp   vom Profi


             Achten Sie beim Bäcker auf ein kleines Sortiment und die Kernkompetenz des Bäckers. Nicht alles, was in der
             Auslage liegt, ist von gleich guter Qualität. Fragen Sie kritisch nach, welche Backwaren tatsächlich nur aus den
             Grundrohstoffen Mehl, Wasser und Salz (und eventuell Hefe) hergestellt werden. Halten Sie die Augen auf:
             Brote kleinerer Bäckereien, die mit professionell gestalteter Banderole verkauft oder mit professionellen
             Plakaten beworben werden, sind meistens aus zugekauften Vormischungen der Back​industrie entstanden.




          Metamorphose der deutschen Bäckerlandschaft



          So ist es kein Wunder, dass in den letzten knapp zwanzig Jahren (1995–2014) etwa 45
          Prozent der Bäckereien verschwunden sind, die Beschäftigtenzahl aber nur um circa 7
          Prozent zurückgegangen ist. Immer weniger Betriebe backen immer mehr Brot. Jeden

          Tag schließt in Deutschland auch heute noch eine Bäckerei ihre Türen, meistens der
          klassische Kleinst- oder Kleinbetrieb.


          Vor wenigen Jahrzehnten sah die Bäckerlandschaft noch anders aus. Typisch war der
          Familienbetrieb mit Backstube und Verkaufsstelle in einem Haus: der Bäcker in der

          Backstube, seine Frau im Verkauf. Das Sortiment war übersichtlich, drei bis fünf
          Brotsorten, fünf bis zehn Kleingebäckarten. Die regionale Vielfalt war größer. Heute
          gibt es in ganz Deutschland Laugenbrezeln, Seelen oder Schrippen. Die
          Vereinheitlichung des Angebots schreitet voran.


          Viel mehr als einen Backofen und eine Knetmaschine brauchte der Bäckermeister

          damals nicht, um gutes Brot zu backen. Handarbeit war gefragt. Auch heute gibt es noch
          derartige Kleinstbetriebe, aber sie kämpfen ums Überleben. Ihr Sortiment ist meist ein
          Kompromiss aus traditionellen Rezepturen, Rezepten mit komplexen Backmittelzugaben
          und zugekauften Backwaren in Form von Backmischungen oder Tiefkühlteiglingen.



          Die Zukunft kleiner Bäckereien liegt in der Vergangenheit


          Diejenigen, die nicht kämpfen müssen, haben sich auf ihre Kernkompetenz besonnen und

          backen beispielsweise nur Brot oder nur Kleingebäcke, je nach fachlicher Vorliebe des
          Bäckers, dann aber richtig gut. Sie backen das, was Großbetriebe nicht leisten können.
          Sie haben ihre Nische und ihre Kundschaft gefunden.
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