Page 94 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Auch für eher traditionell beziehungsweise ursprünglich arbeitende Kleinbetriebe hat
          sich das Arbeitsregime verändert. Dank technischer Hilfen, wie zum Beispiel
          Kühlkammern, können das Teigmachen, die Reife und das Formen des Teiges am Tag
          oder zumindest am Abend erfolgen, nicht mehr in der Nacht. Die geformten Teiglinge

          reifen dann über Nacht in der Kälte, gewinnen dadurch an Geschmack, und der Bäcker
          braucht sie erst am frühen Morgen oder über den Tag verteilt backen.


          Ob Technik oder nicht, der Bäcker benötigt Wissen und Erfahrung, um sich eigenständig
          mit einem kleinen Betrieb zu behaupten. Fachkräfte fehlen inzwischen auch dem
          Bäckerhandwerk. Die Zahl der Auszubildenden ist von 2008 bis 2014 um circa 43

          Prozent gefallen.


          Mit dem Umbau der über Jahrhunderte typischen Bäckereilandschaft ist reichlich
          Wissen verloren gegangen und geht noch immer verloren. Nicht jede Bäckerfachschule
          und nicht jeder Ausbildungsbetrieb ist heute mehr in der Lage, dieses Wissen zu erhalten

          und weiterzugeben. Die handwerklichen Kompetenzen des Nachwuchses schwinden.
          Inzwischen schließen sich kleinere Betriebe zu Ausbildungskooperativen zusammen, um
          den Wissensverlust in Grenzen zu halten und souveränen Bäckernachwuchs aufzubauen.
          Das Bewusstsein für die großväterliche Handwerkskunst ist der Schlüssel für das

          Überleben kleiner Bäckereien.


                Der Film „Das Brot des Bäckers“ (1974) von Erwin Keusch zeichnet die
                Umbrüche in den klassischen Kleinstbäckereien realistisch nach.
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