Page 206 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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ALT, ABER GUT!




                Haltbarkeit war bei Brot immer ein wichtiges Kriterium.

           Dass man es „frisch“ essen sollte, war dagegen lange Zeit nicht

                                        üblich, ja geradezu verpönt.










  Wenn man mit Lebensmitteln sparsam umgehen muss, dann sind sie wertvoll. Und sie sollen lange

  haltbar sein. Brot gehörte in unseren Breiten immer schon zu den kostbarsten Lebensmitteln. Mehl
  lieferte dafür auch den langen Winter über Nahrung. Und wer jeden Tag Brot hatte, konnte sich und
  seine Familie durchbringen. Brot war heilig, und es wurde sehr sorgfältig aufbewahrt – am besten im
  Kühlen und unerreichbar für Mäuse. Regelmäßig wurde es gebacken, entweder im eigenen Backofen
  oder  in  einem  Gemeinschaftsofen.  Auch  der  selbst  angesetzte  Sauerteig  war  in  den  meisten
  Haushalten selbstverständlich.
     Aus dem Schweizer Kanton Wallis ist bekannt, dass in der Ortschaft Törbel sogar nur einmal im
  Jahr gebacken wurde. Jedes Jahr in der Zeit nach Weihnachten wurde dann im großen Backhaus der
  Jahresvorrat für alle Familien hergestellt. Jeder kam der Reihe nach dran und hatte dann mehrere
  Stunden Zeit, Brot um Brot zu backen. Dann wurde das wertvolle Lebensmittel auf den Dachboden
  gelagert, wo es den Winter über problemlos und tiefgefroren überstand. Danach, wenn Sonne und
  Hitze langsam Einzug hielten, wurde es eben im getrockneten Zustand gegessen.
     Frisches Brot soll man nicht essen, das verursacht Blähungen, hieß es früher oft. Und tatsächlich
  blieb Brot mindestens ein oder zwei Tage liegen, bevor es angeschnitten wurde. In Wahrheit steckte
  wohl auch dahinter, dass trockenes Brot vor allem ergiebiger war. Man kaute es länger, wurde daher
  schneller satt und aß vielleicht auch nicht ganz soviel wie von einem frischen, weichen, duftenden

  Wecken.
     Zudem waren die Rezepturen und Backtechniken anders. Schwere Roggensauerteigbrote wurden
  gut und lange gebacken – und hielten dann auch dementsprechend länger frisch. Eine dicke Rinde
  schützte es vor dem Austrocknen, und die Krume gab die Feuchtigkeit nicht so schnell ab.
     Wird Weißbrot alt, so setzt im Laufe der Zeit die sogenannte Retrogradation ein. Dabei bildet sich
  die  zuvor  verkleisterte  Stärke  wieder  zurück,  das  Brot  gibt  Feuchtigkeit  ab  und  wird  „altbacken“.
  Mittels  Erhitzen  kann  dieser  Prozess  kurzfristig  umgekehrt  werden  –  darum  schmeckt  getoastetes,
  wieder aufgebackenes, nicht mehr ganz frisches Weißbrot gleich um einiges besser.
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