Page 81 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          4.1  •  Grundlagen der Union


          stand der Vereinbarungen ist das Abstimmungsverfahren im
          Ministerrat bei Abstimmungen mit einfacher, qualifizierter
          oder Zweidrittelmehrheit. Frankreich sah eigene wichtige In-
          teressen durch die Möglichkeit des Mehrheitsvotums gefährdet
          und bestand, entgegen dem Wortlaut des EWG-Vertrags, bei
          wichtigen Interessen immer auf einem Verhandeln bis zur Ein-
          stimmigkeit. Die Luxemburger Vereinbarungen sind völker-
          rechtlich nicht gültig, sondern nur eine informelle Absprache.
          Gleichwohl haben sie schwerwiegenden praktischen Einfluss
          auf den Ministerrat gehabt. Die Luxemburger Vereinbarungen
          haben inzwischen ihre Bedeutung verloren, sind aber ein gutes
          Beispiel für die Überlagerung völkerrechtlicher Verpflichtun-
          gen durch politische Kompromisse
            Der Fusionsvertrag, 1.7.1967. Mit diesem Vertrag wurden   Fusionsvertrag
          die Hauptorgane der drei Gemeinschaften (z. B. Ministerrat,
          Kommission) zusammengelegt. Der Fusionsvertrag ist seit
          dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages überholt und
          außer Kraft getreten.
            Finanzen, 21.4.1970. Mit einem Beschluss des Minister-        Finanzen
          rates wurde festgelegt, dass die Gemeinschaften eigene Mittel
          zur Verfügung haben sollten. Sie sollten damit von freiwilligen
          Zuwendungen der Mitgliedstaaten unabhängig werden.
            Direktwahlen des Europäischen Parlaments, 1.7.1978. Ein   Direktwahlen des Europäi-
          Beschluss des Ministerrates von 1976 legte fest, dass das Par-  schen Parlaments
          lament der Gemeinschaften nun direkt von den Bürgern der
          Mitgliedstaaten gewählt werden sollte.
            Einheitliche Europäische Akte, 1.7.1987. Die EEA ist ein   Einheitliche Europäische Akte
          Meilenstein in der Entwicklung der Gemeinschaften. Sie ist
          ein völkerrechtlicher Vertrag, mit dem die drei Gemeinschafts-
          verträge teilweise geändert und ergänzt wurden. Ein wichtiger
          Punkt der EEA war die Fixierung der EPZ, der Europäischen
          Politischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in der Au-
          ßenpolitik, koordiniert durch den „Europäischen Rat“, in dem
          die Regierungschefs und Außenminister der EU zusammen-
          kommen.
            Ziel der EPZ war es, durch Abstimmung sowie durch ge-
          meinschaftliche Maßnahmen eine gemeinsame Europäische
          Außenpolitik zu entwickeln. Stichwort ist die „Kohärenz“, der
          Gleichlauf der Außenpolitiken. Inzwischen ist die EPZ durch
          die GASP, Art. 21 ff. EUV abgelöst. Außerdem legte die EEA
          den Startschuss für den Beginn des Binnenmarktes auf den
          1.1.1993 fest.
            Dieser Binnenmarkt umfasst heute ca.  510  Millionen   Weißbuch der Kommission
          Marktbürger. Die EG-Kommission hat 1985 im sog. „Weiß-
          buch zur Vollendung des Binnenmarktes“ alle Rechtsakte zu-
          sammengefasst, die sie zur Vollendung des Binnenmarktes für
          notwendig hielt. Nach Korrekturen wurden dann 282 solche
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