Page 10 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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bewunderte diese Bauten. Wir wohnten dann später im
         Igloo B 28. Wenn ich heute zurückdenke, war es im Zelt
         besser als in diesen Bauten. Wir alle waren in sehr tiefer
         Armut, saubere Kleidung, aber sehr unterernährt. Meine
         Maman war eine so wunderschöne Frau, man sah ihr die
         Strapazen, denen sie dauernd ausgesetzt war, fast nicht
         an, und in ihrem Schoss fühlte ich totale Geborgenheit.
         Für  mich  war  und  bleibt  meine  Maman  die  schönste
         Mutter auf Erden. Das Ganze spielte sich ab in der Île-de-
         France, Camp Abbé Pierre, Ortsname: Schloss von Frank-
         reich  -  Noisy-le-grand,  ab  1956  auch  mit  Père  Joseph
         Wresinski, dem wir von Herzen danken für seinen uner-
         müdlichen Einsatz an uns allen. Für mich war Pere Joseph
         ein  sehr  wertvoller  Mensch,  ein  leuchtender  Stern  am
         Himmel.  Abbé  Pierre  war  ein  enger  Freund  von  dem
         Pfarrer,  bei  dem  ich  aufwuchs,  siehe  Brief  von  meiner
         Maman!


         In den Igloo
         Es war in dieser Zeit sehr hart, überhaupt zu überleben,
         zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg als Nachkriegs-
         kind. Meine Maman klagte häufig über diesen verdamm-
         ten Krieg und war dann oft ein paar Tage weg, manchmal
         bis  über  eine  Woche,  um  Arbeit  zu  finden,  denn  sie
         musste  zu  Geld  kommen,  um  uns  vier  Geschwister  zu
         ernähren.  Oft  fand  sie  keine  Arbeit,  musste  in  Hotels
         oder in einem Foyer der Heilsarmee übernachten, oder
         ihr wurde das Geld gestohlen. Wenn sie dann kam, war
         es wie bei einem Fest, es gab nackte Nudeln oder sonsti-
         ge Spaghetti, wir aßen sie in einem Mal und durften wie-




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