Page 13 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
P. 13

Jenseits, da schrie ich: Verdammt noch mal, was soll das
          Ganze, warum lasst ihr mich nicht verrecken, ihr Idioten,
          nachher muss ich ja wieder in den Slum und Hunger lei-
          den.  Da  stülpte man mir eine  Maske  über  das  Gesicht,
          und  die  ganze  Welt konnte mich wieder  mal  gerne ha-
          ben.  Wie  viele  Male  ich  im  Spital  war,  daran  kann  ich
          mich nicht mehr so genau erinnern, aber die Sehnsucht
          nach meiner Mutter war oft sehr Gross. Leider hatte sie
          sehr selten Zeit, mich zu besuchen, denn es ging ja um
          die  Familie,  die  sie  mit  ihrem  unermüdlichen  Engage-
          ment und ihrer Fürsorge, sowie Liebe am Leben erhielt.
          Jeden Tag im Spital kam dann eine Krankenschwester mit
          einer riesigen metallenen Spritze, die mir vorkam wie ein
          langes Schwert, und verpasste mir – mit einem Lächeln
          wie  von  einem  anderen  Planeten,  meinen  Kopf  einge-
          klemmt an ihrem sehr großen Busen, dass ich fast Atem-
          not bekam – eine so geballte Ladung in meinen kleinen
          Hintern, dass ich stundenlang Krämpfen ausgesetzt war
          und weinte. Da konnte ich mich einfach nur im Spitalbett
          hinlegen und weinen, bis ich vor lauter Erschöpfung ein-
          schlief. Eines Tages entnahm man mir als Dreijährigem in
          einem  Pariser  Spital  auch  die  Mandeln,  als  ich  wieder
          einmal eingeliefert wurde und das ohne Narkose. Das tat
          so  weh,  ich  hatte  solche  Panik,  aber  gegen  diese  Kraft
          der Erwachsenen kam ich in keiner Weise an; sie rissen
          mir  das  Maul  auf,  und  die  Zange  tat  den  Rest.  Später
          durfte ich dann dafür auf dem Schoss eines Arztes Platz
          nehmen,  und  es  gab  wundervolle  Eiscreme,  das  kühlte
          die  Wunde  ab.  Später  durfte  ich  dann  wieder  in  den
          Slum. Wieder zu Hause angelangt, war es oft das Schöns-
          te, wenn alle da waren und wir ins Bett durften. Ein Mili-
          tärbett mit Stahlfedern, 80 cm breit und 190 cm lang, die



                                                           13
   8   9   10   11   12   13   14   15   16   17   18