Page 101 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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fließend mich abgewandt und ohne einen Stress bei den
          Raubkatzen  hervorzurufen.  Dennoch  empfand  ich  ein
          wenig Schmerz, dass das alles so abrupt geendet hatte.
          Der  Marokkaner  wurde  von  der  deutschen  Artistin  zu-
          sammengestaucht, sie hätte alles im Griff gehabt, und er
          solle in Zukunft ein bisschen denken, bevor er das Maul
          auftue, und schickte ihn weg. An mich gewandt sagte sie
          nur: Ich beobachte dich schon eine Weile bei den wilden
          Berberlöwen und habe als Artistin noch nie was Schöne-
          res  mitbekommen  in  meinem  Leben,  das  war  so  eine
          innige Harmonie zwischen euch, kein anderer Löwe war
          beunruhigt oder im Stress. Bitte unterlass das aber trotz-
          dem in Zukunft. Ich bedankte mich und ging meines We-
          ges. Von dem Moment an beobachteten mich die Artis-
          ten  mit  anderen  Augen  und  luden  mich  zwischendurch
          auch zu einem Drink oder zum Spiel ein. Ich hielt mich
          einfach mit einem gewissen Respekt zurück, wollte mich
          nie  aufdrängen.  Eines  Tages  musste  ich  die  Waggons
          zusammenstellen und konnte nicht mit den Pferden ar-
          beiten. An diesem Tag in Genf füllte man mich mit Alko-
          hol ab, das sei das Ritual für Neue hieß es, aber es über-
          schlug mich und ich musste mich oft  übergeben. Dabei
          wurde ich von allen Seiten beobachtet. Mir war es pein-
          lich, und später hieß es: Da haben wir wieder einen Säu-
          fer mehr im Circus Knie. Aber ich erlebte nur einen einzi-
          gen Absturz und gewann das Vertrauen bald wieder zu-
          rück.  Ich  musste  an  diesem  Abend  die  Wagen  zusam-
          menhängen, um in die nächste Stadt zu gelangen. Leider
          hatte ich keine Schutzschuhe an. Plötzlich ein Schrei ei-
          nes Mitarbeiters: Achtung, dein Fuß, aber die Anhänger-
          kupplung  fiel  mir  wie  im  Zeitlupentempo  auf  den  Fuß,
          ohne  jegliches  Gefühl  mir  gegenüber.  Da  erwachte  ich



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