Page 104 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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schen kennen, Hey Jimmy, Hey Paul, das war die Begrü-
ßung allgemein, denn man kann sich nicht alle Namen
merken. Wir mussten etwas improvisieren, um im Um-
kleideraum zu schlafen, denn der Cousin vom Circus Alt-
hoff in Deutschland, der uns Wohnungen versprochen
hatte, ließ uns einfach im Stich und hatte gar nichts un-
ternommen für unseren Komfort. Hauptsache, er hatte
persönlich einen Wohnwagen mit allem Drum und Dran
und seine Freundin dabei. Somit mussten wir uns zuerst
einen Schlafsack sowie ein Brett besorgen und auf einer
sehr harten Bank schlafen, das war oft eine Tortur. Ich
hatte eine sehr lustige Zeit in Glasgow, sah aber auch die
Armut, speziell in den Wintermonaten. Oft sah ich auch,
dass Menschen auf der Straße erfroren waren. Das Elend
gibt es überall, speziell durch Alkohol und ungelöste so-
ziale Probleme, sowie Arbeitslosigkeit. Im Dezember und
Januar ist es sehr kalt in Schottland, dafür sind die Men-
schen umso wärmer, man trifft sich im Pub und wird
aufgenommen wie ein Familienmitglied. Danke ihr lieben
Schotten, ihr seid für immer in meinem Herzen. In Glas-
gow war es oft Neblig, die Schlote der Whiskybrennerei-
en rundeten das Bild auf spezielle Art und Weise ab.
Dennoch musste das Leben weitergehen. Da gab es noch
eine lustige Angelegenheit: Jedes Mal wenn ich in einem
kleinen, aber sehr gemütlichen Restaurant direkt neben
dem Kelvin Hall Circus das Essen einnahm, setzte sich
regelmäßig eine ältere Dame zu mir an den Tisch. Sie
unterhielt sich dann in brünstig in Gälisch mit mir. Mein
Kommentar war oft nur yes, i see, what realy… sonst
wäre ich nie zu meiner Mahlzeit gekommen. Vermutlich
brauchte Sie die Nähe zum Menschen oder hatte keiner-
lei soziales Umfeld. Geschminkt war sie obendrauf noch
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