Page 56 - P_ART_Katalog_2018
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Sarah Stella Bäcker
                 Irene Kriechbaum
                 (studioachtviertel)


                 über ‚Museum öffne dich‘ und
                 das Aktivierungspotenzial einer
                 Leerestandsnutzung





                 Wir haben 2015 das Projekt ‚Museum öffne   sich bereits viele Kontakte in der Kreisstadt
                  dich‘ initiiert und mit dem Museum für    gebildet. Es war uns aber auch wichtig,
                 Alltagskultur in Wustrow, in Niedersachen,   eine Tour mit einem mobilen Geschichts-
                 zusammengearbeitet. Dort haben wir uns   labor durch den Landkreis zu machen
                 sehr stark mit der Tatsache konfrontiert    – um Kommunikation zwischen dem
                 gesehen, dass die Menschen nicht ins   Museum und den Menschen aus der
                 Museum kommen.                 Region herzustellen.

                 Uns ist vor allem aufgefallen, wie wichtig   Erst bei der Arbeit vor Ort ist uns klar
                 die persönliche Erzählung ist und wie   geworden, wie belastend manche Leute
                 diese das Museumsobjekt erst so richtig   diese Leerstände auch wahrnehmen –   P-ART IMPULS
                 lebendig macht. Obwohl die Museums-  diese Leere, diesen Wartezustand. Indem
                 sammlung schon sehr voll war, haben wir   man etwas Neues darin macht, zeigt man
                 aktuellere Objekte gesammelt, zu denen   Möglichkeiten auf und zeigt, dass es
                 es persönliche Bezugspunkte und    auch viel mehr als das x-te Geschäft sein
                 unmittelbare Assoziationen gibt. Wobei   kann. Manche Menschen können diese
                  wir weniger die konkreten Objekte als   Möglichkeiten vielleicht von sich aus erst
                 das Wissen darüber oder die Geschichten   mal nicht sehen, aber durch solche
                 dahinter gesucht haben. Unser Aufruf    Probenutzungen eröffnet man den Blick
                 lautete deshalb: Was hat dein Erinnerungs-   dafür, dass dieser Raum auch etwas
                   stück mit der Region hier zu tun?   ganz anderes sein kann.
                 Die Menschen haben uns dann vor allem
                 ihre persönlichen Geschichten zu den   Unser Ziel war, dass wir das Projekt nicht
                 Objekten erzählt, aber im Laufe des   permanent betreuen müssen, sondern
                 Gesprächs wurden auch gesellschafts-  dass wir uns langsam aus unserer Funktion
                 übergreifende Botschaften übermittelt.   zurückzunehmen. Da muss man natürlich
                                                auch akzeptieren, dass sich Dinge im
                 Ein anderes Problem in diesem Land-  Prozess verwandeln. Es hat auf jeden Fall
                 kreis, der sehr dünn besiedelt ist, besteht   etwas in den Blickwinkeln der Menschen
                 im omnipräsenten Leerstand. Unsere   dauerhaft geändert.
                 erste Aktion war daher ein temporäres
                 Geschichtslabor in einem solchen einzu-
                 richten, um als Anlaufstelle sichtbar zu
                 werden. Durch diese Präsenz haben
                                                                                   57
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