Page 123 - Michaels_Buch Februar_neu
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Als der Film zu Ende war, kamen die beiden völlig verwandelt aus dem Kino. Sie sprühten über vor
            Freundlichkeit und von herablassendem Gehabe war nichts mehr zu spüren. Sie baten mich, zwei
            meiner Söhne zur weiteren Besprechung hinzu zu bitten und was dann passierte, ließ mich nach
            einer versteckten Kamera suchen. Unser Showreel hatte sie so beeindruckt, dass sie uns mitteilten,
            auf Grund unserer Erfahrung würden sie einer Ausnahmegenehmigung zustimmen. Wir waren nun
            ein Ausbildungsbetrieb und damit nicht genug. Der Ausbildungsleiter von TVN bat Basti in Zukunft
            in die Prüfungskommission für Auszubildende zu kommen und sagte doch tatsächlich, dass er als
            alter Hase noch von ihm lernen könne.

            Wir meldeten uns bei der Arbeitsvermittlung und stellten eine Anzeige online, in der wir
            Auszubildende für den Bereich Mediengestaltung Bild und Ton suchten. Wir bekamen weit über
            hundert Anfragen, sogar aus NRW meldeten sich Interessenten. Ich überlegte mir ein
            Auswahlverfahren und lud die ersten ein. Schon bei den ersten Gesprächen stellte sich raus, dass
            viele nicht in Frage kommen würden, aber für diejenigen die einen guten Eindruck machten, hatte
            ich mir etwas ausgedacht. Ich lud sie erneut ein und eröffnete ihnen, was nun auf sie zu kommen
            würde.

            Ich teilte ihnen mit, Vorkenntnisse seien nicht vonnöten, dass es aber auf zwei wichtige
            Komponenten ankommen würde, nämlich Kreativität und Phantasie. Jeder kann die technische
            Seite lernen, wer aber keine Kreativität und Phantasie besitzt, wir es nie zu einem guten
            Mediengestalter bringen.


            Ich drückte ihnen eine kleine DV-Kamera in die Hand und meinte, sie sollen einen Film drehen.
            Dazu mussten sie sich eine Story ausdenken und hatten einen Tag Zeit um sie abzudrehen. Es kam
            dabei nicht darauf an, dass die Aufnahmen gut wären, nur der Inhalt war entscheidend. Am nächsten
            Tag saßen sie dann an einem Schnittplatz und arbeiteten sich durch ein Lernprogramm für unsere
            Schnittsoftware. Danach hatten sie drei Tage Zeit, ihren Film zu schneiden. Sie konnten ein Voice
            Over erstellen, das ihnen Ella aufnahm und sich bei technischen Fragen an unsere Cutter wenden.
            Diese durften aber keinerlei inhaltliche Hilfe leisten.

            Nach dieser Woche hab ich mir mit dem zukünftigen Azubi den Film in unserem Kino angesehen
            und dann eine Entscheidung getroffen. Ich hab Jerry und Kai als erste Azubis eingestellt, dazu kam
            Julia, die bereits ein Praktikum bei uns gemacht hatte.

            Die Stadt Braunschweig lud mich zu einem Treffen ein. Sie wollten ihre Ratssitzung im Internet für
            alle Bürger live übertragen. Ich machte ein Angebot und wir starteten im August mit der ersten
            Liveübertragung. Das sprach sich schnell bei anderen Städten herum und wir übertrugen auch die
            Ratssitzungen von Wolfsburg und Düsseldorf. Der Oberbürgermeister von Wolfsburg ließ eine
            monatliche Onlinesprechstunde übertragen und Maik war nun auch Moderator in Wolfsburg.


            Endlich hatte sich der Deutsche Basketball Bund dazu entschlossen, eine Live-Sendung von uns
            übertragen zu lassen. Wir sollten ein Turnier der JBBL und NBBL im Internet senden. Das sind die
            Nachwuchsspieler im Alter von 16 bis 18 Jahren. Wir fuhren mit unserem Ü-Wagen nach
            Ludwigsburg und waren zwei Tage voll gefordert. Es hat alles wunderbar geklappt und kam bei den
            Fans so gut an, dass wir gleich die Zusage für nächstes Jahr erhielten.


            Mitte des Jahres hatten wir die DVD für die TSV Hannover-Burgdorf fertig und konnten sie an Fans
            verkaufen. Benjamin Chatton, der neue Manager der Recken, wie sie sich jetzt nannten, engagierte
            uns für die kommende Saison. Wir übertrugen alle Heimspiele genau wie wir das bei den Hannover
            Scorpions taten. Manchmal hatten die beiden Vereine ein Spiel am gleichen Tag, dann übertrugen
            wir Nachmittags die Recken, bauten blitzschnell ab, um Abends bei den Scorpions zu arbeiten.
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