Page 543 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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von der möglichst hohen Klarheit der Associationsglieder
während der Einübung, und zwar in unserem Falle, wo es sich
um möglichst feste simultane Associationen handelt, von der
möglichst hohen simultanen Klarheit bei jedem Erleben der
Combination. Auch die entscheidenden Einzelelemente von Wort-
formen müssen also zur Ausbildung einer entsprechenden Geläufigkeit
des Ganzen jederzeit mögHchst simultan zur maximalen Klarheit gelangt
sein. Mag aber nun ein Complex noch so oft und noch so lange der
Betrachtung zugängUch sein, in einem Momente können eben doch
immer nur so viele Elemente jenen maximalen Bewusstseinsgrad be-
sitzen, wie es durch die Methode mit einfachsten Elementen ungefähr
festgestellt werden konnte. Die Größe einer solchen Wortform, wie sie
hier mit der nöthigen Schnelligkeit wiedererkannt werden kann, um als
Haupteinheit in dem gesuchten Umfange dienen zu können, ist also
in der That auf ungefähr die gleiche Zahl von Einzelelementen ein-
geschränkt, als sie ohne einen solchen inneren Zusammenhang nach
einer tachistoskopischen Exposition wiedergegeben werden können.
So kommt also unter diesen comphcirten Bedingungen die bereits
gefundene Constante nochmals von einer ganz neuen Seite in das
Resultat hinein. Dass wir ungefähr das Quadrat der in sinnlosen
Zusammenstellungen merkbaren Zahl von Elementen in den
sinnvollen Combinationen festzuhalten vermögen, beruht auf
einer doppelten, direct proportionalen Abhängigkeit dieses Resultates
von der nämlichen Fähigkeit, eine bestimmte Anzahl von Einzelobjecten
simultan mit maximaler Klarheit zu erfassen. Auch von dieser Seite
ergiebt sich also eine deductive Rechtfertigung der alten Methode.
Mit der simultanen Klarheit aller Elemente des Wortes, welche
zu seiner Geläufigkeit so oft als möghch eintreten musste, soll natürhch
nicht ein buchstabirendes Lesen von einer anderen Seite wieder ein-
Beim gewöhnlichen Lesen verwerthet ja natürhch der
geführt sein.
Geübte fortwährend jene Geläufigkeit. So oft aber ungeläufige Worte
und Schriftbilder auftreten, sind wir wieder zu jener simultanen
ganz klaren Vergegenwärtigung der Elemente genöthigt, und wir helfen
unwillkürhch durch entsprechende Betrachtung gelegenthch wieder
nach, um jene maximale Leistungsfähigkeit der Wortdisposition immer
auf voller Höhe zu erhalten. Die Größe der Complexe, deren Ge-
läufigkeit weiterhin das Arbeiten mit Wortformen in jedem »tachisto-
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