Page 538 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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526 Wilhelm Wirth.
sucht überall Vorstellungen ohne solche selbstverständlich gewordenen
Beziehungen, so dass die eben noch klar zu überspannende Zahl
von zusammenhangslosen Einzelobjecten gewissermaßen practisch un-
gleich wichtiger ist. Auch kommt ja gerade für die Auffassung
mehrerer an sich ganz geläufiger Worte in nicht ebenso häufiger
Verbindung ebenfalls wieder diese einfachere Thatsache der reinen
Vorstellungsconcurrenz mit der hierfür gefundenen Constanten zur
Geltung. Mit dem soeben genannten G-esichtspunkt verbindet sich
noch ein weiterer Vorsprung der Klarheit und Merkbarkeit geläufiger
"Worte sammt allen ihren Elementen im Gegensatze zu zusammen-
hangslosen Einheiten. Alle diese bisher behandelten Messungen
analysirten das einzige momentane Erlebniss, in welchem die
tachistoskopische Exposition eines optischen Complexes wahrgenommen
wird. Durch die möglichst gleichmäßige Ausfüllung des Sehfeldes
vor der Exposition, z. B. durch eine dunkelgraue Fläche, konnte sich
die Aufmerksamkeit zunächst zwar möglichst auf den optischen Um-
fang der zu erwartenden Einzelobjecte einrichten. Doch musste der
ganze Inhalt, auf welchen sich die auf die optische Wahrnehmung
reflectirende oder einfach ablesende Wiedergabe bezog, in der näm-
lichen minimalen Zeit selbst, aus jener gleichmäßigen Ausfüllung
heraus, immer erst ganz neu entstehen. Diese Bedingungen waren
natürlich für die verschiedenartigsten Expositionsobjecte gleichmäßig
genug, um jene in ihrer Bedeutung hinreichend hervorgehobenen
Resultate als allgemein gültige Größen gewinnen zu lassen. Insbe-
sondere enthielt die Vorbereitung vor der Exposition keinerlei asso-
ciative Begünstigung des einen oder anderen Wahrnehmungsinhaltes.
Dennoch bedeutet natürlich jeder plötzliche Uebergang zu einem
ganz neuen Object eine Störung des bisherigen Zustandes, welche die
Vertheilung der Aufmerksamkeit und der Klarheit nicht in der Weise
durch die gesammte »Expositionszeit« bezw. ihr ps3^chisches Oorrelat
hindurch vorhanden sein lässt, wie wenn der zu analysirende zeitliche
Ausschnitt aus dem Bewusstseinsleben in der Hauptsache nur eine
Fortsetzung eines schon vorher erreichten Zustandes bedeutet, wie
es z. B. bei Betrachtung eines länger dargebotenen Objectes erfolgt.
Man verbraucht unter solchen Umständen einen gewissen Theil der
gebotenen Gesammtzeit für die Herstellung derjenigen Aufmerk-
maskeits-Vertheilung, welche überhaupt ein Behalten des Thatbestandes