Page 541 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges xmd seiner Messung.  529

    bu eil Stäben gestattet hier also wegen der Unmöglichkeit, denKllarheits-
    grad des Wiedergegebenen bei der Wahrnehmung genauer abzugrenzen,
    was bei ungeläufigen Combinationen die Methode für sich selbst be-
    sorgt, keine genauere Stellung zum Umfangsproblem. — Anderseits
    sehen wir natürlich auch bei allen in dem Abschnitt 10 beschriebenen
    Functionen das Princip der Erhaltung der Arbeit bei jener besonderen
     Leistung geübter Wortformen eingehalten.  Alle jene Begünstigungen
     und vor allem auch diese besondere Leistung der rückläufigen Analyse
     der Theilinhalte  ist nur  ein Erfolg der vorhergehenden Erlebnisse
     gleicher Art, durch welche das Lesen der bekannten Gesammtform
     mit allen ihren Theilen geübt wurde. Und so fehlt denn auch diesem
     scheinbaren Vorzüge natürlich nicht die Kehrseite.  Insofern die ganze
     Unterstützung  der unklaren Theilinhalte  thatsächlich nur  auf  der
     Wirksamkeit jener geübten Associationen beruht,  ist auch das Be-
     wusstsein der Sicherheit dieser Feststellungen doch über-
     all von der Voraussetzung beeinflusst, dass man wirklich
     sinnvolle Combinationen vor sich habe, dass man also die in
     jenen Leseübungen aufgespeicherte Energie verwerthen könne.  Damit
     ist zugleich die geringe Exactheit dieser Art von indirectem Verfahren
     hinreichend charakterisirt, um sie nicht als Methode der Feststellung
     der im Erleben unklaren Elemente anerkennen zu lassen. Wird diese
     Voraussetzung der sprachlichen Bichtigkeit und der Bedeutung des
     Dargebotenen, welche ein großes System festgefügter Associationen füi-
     die Versuche dienstbar macht, von vorne herein durch entsprechende
     Vorbereitung des Beobachters ausgeschaltet, und ist man auf die sorg-
                                        experimentell Dargebotenen im
     fältige  objective Betrachtung  des
     Einzelnen angewiesen, um mitunter vorkommende »Druckfehler« der
     Darbietung entsprechend zu lesen, so wird auch den sinnvollen Com-

     binationen  gegenüber  der Bückschluss  auf  die  unklar  gesehenen
      Elemente  unsicher  ausfallen, ganz  abgesehen von den FäUen, wo
      schHeßlich umgekehrt das ganz abstracte Merkmal der Verdrucktheit,
      die man so wie früher das Eichtige um jeden Preis erwartet, wie
      eine aUgemeinste >Wortform< im schlechten Sinne sogar Verlesungen
      in richtigen Worten zu stände bringt.
         Je größer  die Zahl von Buchstaben  ist, welche in  dieser Weise
      bei  ihrer Vertheilung  in mögUchst  geläufige Wort- und  Satzver-
                                 »gelesen« werden können, weü  sie  eine
      bindungen tachistoskopisch
         Wundt, PMlos. Studien. XX.
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