Page 123 - Was will Gott_Neat
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beten oder jemals danach getrachtet haben); es geht aber dar-
um, dass wir diese Vergebung erkennen und annehmen.
Denn das Fleischliche, in dem wir ja leben, hat die Art,
dass es Gott nicht traut und glaubt und sich immer mit
bösen Lüsten und Tücken regt; wir sündigen täglich
mit Worten und Werken, mit Tun und Unterlassen,
wovon das Gewissen unruhig wird, das sich vor Gottes
Zorn und Ungnade fürchtet und so den Trost und die
Zuversicht aus dem Evangelium sinken lässt; so ist es
ständig nötig, dass man hierher läuft und Trost holt, um
das Gewissen wieder aufzurichten.
Dies soll nun dazu dienen, dass Gott unseren Stolz
zerbricht und uns in Demut hält; denn das hat den Vor-
teil, dass, wenn jemand auf seine Frömmigkeit pocht
und andere verachtet, er sich selbst erkennt und mit
diesem Gebet vor Augen wird er dann merken, dass er
nicht frömmer ist als die andern; wir alle müssen vor
Gott die Augen verschließen und können nur froh sein,
dass wir Vergebung erlangen. Niemand soll denken,
dass er es dahin bringt, ohne Sünde zu leben und diese
Vergebung nicht mehr nötig hat. Wenn Gott also nicht
ohne Unterlass vergibt, sind wir verloren.
So ist nun der Sinn dieser Bitte, dass Gott unsere
Sünden nicht ansehen und vorhalten will, wie wir es
täglich verdienen, sondern mit Gnaden vergibt, wie
er es versprochen hat und ebenso ein fröhliches und
unverzagtes Gewissen gibt, vor ihm zu stehen und zu
bitten. Denn wo das Herz nicht im Einklang mit Gott
steht und solche Zuversicht schöpfen kann, wird es nie-
mals wagen zu beten. Aber solche Zuversicht und ein
fröhliches Herz kann man nur bekommen, wenn man
weiß, dass einem die Sünden vergeben sind.
Es ist dem aber noch ein nötiger und tröstlicher
Zusatz angehängt: Dass wir vergeben unseren Schul-
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