Page 1025 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Wohltat versöhnt wird. So gingen beide unter, und zwar aus dem Grunde,
weil sie es nicht verstanden oder nicht die Macht hatten, den Neid zu
besiegen.
Das zweite Bemerkenswerte sind die Anordnungen, die Camillus zur
Rettung Roms nach innen und außen traf. Fürwahr, nicht grundlos haben
gute Geschichtsschreiber wie Livius Auch Polybios I, 35, 6. gewisse
Vorfälle ausführlich und deutlich beschrieben, damit die Nachwelt
daraus lerne, wie man sich in ähnlichen Fällen zu verhalten habe. Und
zwar ist hier zu bemerken, daß keine Verteidigung gefährlicher und
nutzloser ist als eine, die regellos und ohne Ordnung stattfindet. Das
zeigt das dritte Heer, das Camillus zur Besatzung Roms aufstellte. Viele
würden diese Maßregel für überflüssig gehalten haben und noch halten.
Da das Volk gewöhnlich unter den Waffen und kriegerisch war, hätte
man vielleicht kein besonderes Heer aufzustellen brauchen, sondern es
hätte genügt, das Volk im Bedarfsfall zu bewaffnen. Camillus aber und
jeder ebenso Einsichtige urteilte anders und erlaubte nicht, daß die
Menge ohne bestimmte Ordnung und Einrichtung zu den Waffen griff.
Nach diesem Beispiel muß also jeder, der den Schutz einer Stadt
übernommen hat, sich vor der Klippe hüten, die Einwohner in
ungeordneter Weise unter die Waffen zu rufen. Vielmehr muß er die,
welche die Waffen führen sollen, ausgewählt und eingeschrieben haben;
er muß bestimmen, wem sie zu gehorchen, wo sie sich zu versammeln
und wohin sie zu gehen haben. Allen andern muß er befehlen, in ihren
Häusern zu bleiben und diese zu bewachen. Wer in einer belagerten Stadt
diese Anordnungen trifft, wird sie leicht verteidigen können. Wer anders
handelt, ahmt den Camillus nicht nach und wird sie nicht verteidigen.
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