Page 608 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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ihren ganzen Schatz zu Hause zurück, damit er ihnen in äußersten oder
plötzlichen Gefahren zum Schutze diene; hauptsächlich um fremde
Soldaten (welche sie lieber der Gefahr preisgeben als die eigenen
Bürger) durch hohen Sold zu werben, indem sie wohl wissen, daß für
hohe Geldsummen auch die Feinde gar häufig käuflich sind, sei's nun
durch Verrath, sei's, daß sie sich untereinander selbst wieder feindlich
entzweien.
Aus diesem Grunde bewahren sie stets einen unermeßlichen Schatz
auf, doch nicht eigentlich als solchen, sondern sie halten es so damit, daß
ich mich wahrhaftig schäme, es zu erzählen, indem ich befürchten muß,
daß meine Rede keinen Glauben finden werde, was ich um so ernstlicher
besorge, als ich nur zu wohl weiß, daß, wenn ich es nicht mit eigenen
Augen gesehen hätte, ich nur überaus schwer hätte bewogen werden
können, es einem Andern zu glauben, der es mir erzählt hätte.
Denn es ist durchaus natürlich und nothwendig, daß, je fremder und
unerhörter etwas den Sitten und Gebräuchen der Zuhörer ist, es auch um
so weniger Glauben bei ihnen findet, obwohl ein vernünftiger
Beurtheiler sich eigentlich nicht eben so sehr darüber wundern dürfte, da
ja auch ihre sämmtlichen übrigen Einrichtungen so bedeutend von den
unsrigen abweichen – wenn daher auch der Gebrauch, den sie von Gold
und Silber machen, mehr ein ihren als unsern Sitten entsprechender ist.
Sie bedienen sich nämlich unter sich keines Geldes, das sie vielmehr
für solche Fälle aufheben, wo es ihnen von Nutzen werden kann, wenn
es auch möglich ist, daß solche niemals eintreten.
Mit dem Golde und Silber, woraus Geld hergestellt wird, hat es bei
ihnen nämlich diese Bewandtniß, daß es kein Mensch höher schätzt, als
ihm seinem natürlichen Werthe nach zukommt, und wer würde da nicht
einsehen, daß diese beiden Metalle weit unter dem Eisen stehen? Denn
ohne dieses können die Menschen doch wahrhaftig ebensowenig leben,
wie ohne Feuer und Wasser, während die Natur dem Gold und Silber
keinen Gebrauch verliehen hat, dessen wir nicht leicht entrathen
könnten, und es nur die Thorheit der Menschen ist, die der Seltenheit
einen so hohen Werth beigelegt hat. Und als eine höchst liebevolle
Mutter hat die Natur die nützlichsten Dinge uns ohne alle
Schwierigkeiten zugänglich gemacht, wie Luft, Wasser und die Erde
selbst, die nichtigen, eitlen, unnützen aber weit entrückt.
Wenn nun diese Metalle bei ihnen irgendwo in einen Thurm
verschlossen würden, so könnte der Fürst sowohl als der Senat in den
Verdacht kommen (wie das Volk dummpfiffger Weise denkt), als ob sie
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