Page 822 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Meiner Ansicht, daß sich in einem Lande, wo es Edelleute gibt, keine
Republik einführen lasse, scheint allerdings das Beispiel der Republik
Venedig entgegenzustehen, in der nur Edelleute ein Amt zu bekleiden
pflegen. Darauf ist zu erwidern, daß dies Beispiel nicht gegen mich
spricht, denn die Edelleute dieser Republik sind es mehr dem Namen als
der Sache nach. Sie haben keine großen Einkünfte von Gütern, sondern
ihr großer Reichtum beruht auf Handel und beweglicher Habe; außerdem
besitzt keiner von ihnen Burgen oder Gerichtsbarkeit über die Leute,
sondern der Name Edelmann ist bei ihnen ein Titel und Ehrenname,
beruht aber auf nichts von dem, weswegen man anderswo Edelmann
heißt. Wie alle Republiken ihren verschiedenen Bevölkerungsklassen
verschiedene Namen geben, so teilt sich Venedig in Edelleute und Volk;
den ersteren sind alle Ämter zugänglich, das Volk aber ist ganz davon
ausgeschlossen. Warum dies in Venedig keine Unordnung hervorruft, ist
früher erklärt worden. S. Kap. 6. Wo also große Gleichheit herrscht oder
hergestellt ist, gründe man eine Republik, wohingegen große
Ungleichheit herrscht, errichte man eine Monarchie, sonst schafft man
etwas, das ohne Verhältnis und von kurzer Dauer ist.
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