Page 857 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Auf diese Weise verfuhren sie bis zur Belagerung von Veji, dann
                änderten sie die Art ihrer Kriegführung. Denn um längere Kriege führen
                zu können, richteten sie die Soldzahlung ein, die früher wegen der Kürze

                der Feldzüge unnötig war. Aber obgleich sie nun Sold zahlten und
                deshalb längere Kriege führen konnten, auch bei der größeren
                Entfernung ihrer Feinde länger im Feld bleiben mußten, wichen sie doch
                nie von ihrem früheren Grundsatze ab, die Kriege je nach Ort und Zeit
                rasch zu beenden; auch schickten sie nach wie vor Kolonien aus. An die
                erste Regel, die Kriege kurz zu machen, band sie außer ihrer natürlichen
                Gewohnheit auch der Ehrgeiz der Konsuln, die nur ein Jahr im Amt und

                davon nur sechs Monate im Lager waren, mithin den Krieg gern
                beendigten, um triumphieren zu können. Das Aussenden von Kolonien
                behielten sie wegen des Vorteils und der großen Bequemlichkeit bei, die
                daraus entsprang. Betreffs der Beute änderten sie ihr Verfahren freilich
                ein wenig. Sie waren damit nicht mehr so freigebig wie früher, weil es
                ihnen jetzt, wo die Soldaten ihren Sold bekamen, nicht mehr so nötig

                schien, teils auch, weil sie mit der wachsenden Beute den öffentlichen
                Schatz so vergrößern wollten, daß sie zur Bestreitung der Feldzüge keine
                besonderen Abgaben mehr aufzulegen brauchten. Dadurch bereicherten
                sie den Staatsschatz in kurzer Zeit außerordentlich. Beide Gebräuche
                also, sowohl die Verwendung der Beute wie die Aussendung von
                Kolonien, machten Rom durch die Kriege reich, während andre, unkluge
                Fürsten und Republiken dadurch verarmen. Es kam so weit, daß ein

                Konsul nicht triumphieren zu können glaubte, wenn er bei seinem
                Triumph nicht eine Menge Gold, Silber und Beute aller Art in den
                Staatsschatz brachte. So wurden die Römer durch die oben genannten
                Mittel und durch die schnelle Beendigung der Kriege immer reicher und
                mächtiger, während sie sich begnügten, ihre Feinde durch Niederlagen,
                Streifzüge und vorteilhafte Friedensschlüsse allmählich zu schwächen.





























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