Page 853 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Heeren die ätolischen Feldzeichen sähe. Man ersieht daraus, daß das
                Verfahren der Städtebünde stets das gleiche war und die gleichen Folgen
                hatte. Man sieht auch, daß diese Art, sich Untertanen zu schaffen, immer

                auf schwachen Füßen stand und wenig Vorteil gebracht hat, ja daß solche
                Bünde, wenn das Maß überschritten wurde, bald zugrunde gingen. Ist
                aber diese Art, sich Untertanen zu schaffen, schon bei bewaffneten
                Republiken schlecht, so erst recht bei waffenlosen, wie die heutigen
                Republiken Italiens. Man sieht also, daß die Römer den rechten Weg
                einschlugen, und das ist um so bewundernswerter, als es vor Rom kein
                Beispiel davon gibt und ihm niemand hierin gefolgt ist. Was die Bünde

                betrifft, so haben bisher nur die Schweizer S. Buch II, Kap. 19, Anm.
                101. und der Schwäbische Bund Im Jahre 1331 schlossen die
                schwäbischen Städte gegen die Übergriffe Württembergs den
                Schwäbischen Städtebund, der 1384 durch den Beitritt von Fürsten und
                Rittern zur Großen Einung erweitert wurde. 1488 erhielt der Große
                Schwäbische Bund seine förmliche Verfassung. Er umfaßte 92 Städte,

                zerfiel aber 1534 infolge der religiösen Spaltungen. sie nachgeahmt.
                     Wie ich am Schluß dieses zweiten Buches sagen werde, sind so viele
                Einrichtungen Roms sowohl in der inneren wie in der äußeren Politik in
                unsrer Zeit nicht nur nicht nachgeahmt, sondern ganz mißachtet worden,
                da manche sie für unwahr, manche für unausführbar oder ungeeignet und
                unnütz hielten. So verharren wir in unsrer Unwissenheit und werden die
                Beute eines jeden, der Lust hat, in unser Land einzufallen. Sollte aber die

                Nachahmung der Römer schwer erscheinen, so sollte doch die
                Nachahmung der alten Etrusker möglich sein, besonders für das heutige
                Toskana. Die Etrusker konnten aus den angeführten Gründen zwar kein
                Reich wie das römische gründen, aber doch in Italien so mächtig werden,
                wie es ihnen ihre Methode erlaubte. So waren sie lange Zeit hindurch
                sicher, hochberühmt an Macht und Waffen, voll höchsten Ruhmes in

                Religion und Sitten. Diese Macht und dieser Glanz wurde zuerst von den
                Galliern geschmälert, dann von den Römern vernichtet, und so sehr
                vernichtet, daß jetzt, nach 2000 Jahren, von der großen Macht der
                Etrusker kaum noch eine Erinnerung bleibt. Das hat mich auf den
                Gedanken gebracht, warum manche Dinge so in Vergessenheit geraten;
                es soll im folgenden Kapitel erörtert werden.
















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