Page 850 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Viertes Kapitel



                                                  Inhaltsverzeichnis






                           Die Republiken vergrößern sich auf dreifache Weise.


                Bei aufmerksamem Lesen der alten Geschichte findet man, daß die
                Republiken drei Wege zu ihrer Vergrößerung einschlugen. Der eine war
                der der alten Etrusker. Es verbanden sich mehrere Republiken mit völlig
                gleichem Rang und Ansehen und nahmen Städte in ihren Bund auf, wie
                es jetzt die Schweizer tun und wie es im Altertum die Achäer und Ätolier

                Der achäische Bund bestand seit 280 v. Chr. aus 12 Städten. Er wurde
                245 durch Aratos von Sikyon erneuert und unterlag 146 v. Chr. den
                Römern. – Der ätolische Bund (seit 322 v. Chr.) lag in fortwährendem
                Kampf mit jenem; er war seit 211 mit Rom, dann mit Antiochos von
                Syrien verbündet und wurde 189 von den Römern unterworfen. in

                Griechenland taten. Da die Römer mit den Etruskern viele Kriege
                führten, will ich diese erste Art genauer erklären und ausführlich darauf
                eingehen. Vor der römischen Herrschaft waren die Etrusker in Italien zu
                Lande und zu Wasser am mächtigsten. Obwohl wir keine Geschichte
                ihrer Taten besitzen, bleiben uns doch einige Erinnerungen und
                Denkmäler ihrer Größe. Man weiß, daß sie nach dem oberen Meer eine
                Kolonie mit Namen Hatria sandten. Diese wurde so ansehnlich, daß sie

                dem Meere den Namen gab, das im Lateinischen noch jetzt Adriatisches
                Meer heißt. Man sieht auch, daß sie ihre Waffen vom Tiber bis an den
                Fuß der Alpen trugen, die Oberitalien umschließen. Aber schon 200
                Jahre, bevor die Römer mächtig wurden, verloren sie die heutige
                Lombardei an die Gallier. Diese kamen, durch die Not getrieben oder
                durch den Wohlgeschmack der Früchte und besonders des Weins

                angelockt, unter ihrem König Bellovesus nach Italien, schlugen und
                verjagten die Eingeborenen, Um 400 v. Chr. Vgl. Livius V, 34 f. ließen
                sich nieder, erbauten viele Städte und nannten das Land nach ihrem
                damaligen Namen Gallien. Es blieb bis zur Eroberung durch die Römer
                222 v. Chr. in ihrem Besitz. Die Etrusker lebten also in jener Gleichheit
                und vergrößerten sich in der erstgenannten Art. Ihr Bund bestand aus
                zwölf Städten: Chiusi, Veji, Fiesole, Arezzo, Volterra und andern. Über

                die Grenzen Italiens jedoch konnten sie ihre Eroberungen aus den unten







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