Page 130 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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zu teilen und fröhlich mit anderen zu spielen. Mit etwa
vier Jahren kann ein Kind gemeinhin eine elementare
Form moralischer Überlegung anstellen. Es kann eine
Verbindung zwischen seinen Wünschen — z. B. nicht
verletzt werden zu wollen — und seinen Handlungen
gegenüber anderen — z.B. ein anderes Kind nicht zu
schlagen — herstellen. Während der nächsten Jahre ent-
wickelt sich diese Fähigkeit weiter, bis das Kind das
Konzept des Einfühlungsvermögens begreift und ihm
klar wird, dass es die Gefühle und Reaktionen anderer
ebenso wie seine eigenen berücksichtigen muss.
Forschungen des schweizerischen Psychologen Jean
Piaget (1896—1980) geben einen Einblick in die morali-
sche Entwicklung eines Kindes. Er fand heraus, dass
Kinder Verhaltensformen nach einem einfachen Kriteri-
enkatalog beurteilen. Piaget bat Kinder, zwei Fälle zu
beurteilen: Ein Kind zerbricht unabsichtlich einen Stapel
Tassen und ein anderes zerbricht absichtlich eine einzel-
ne Tasse. Piaget fand heraus, dass kleine Kinder den ers-
ten Fall für schlimmer hielten, weil sie die Ungezogen-
heit der Handlungen nach der Höhe des verursachten
Schadens beurteilten. Ab dem neunten Lebensjahr unge-
fähr lernen Kinder jedoch, auch das Motiv oder die Ab-
sicht zu berücksichtigen, wenn sie Urteile abgeben.
DISZIPLIN
Es ist wichtig, Kindern im Schulalter feste Verhal-
tensregeln zu setzen. Ein Kind kann verstehen, dass be-
stimmte Vorgaben beachtet werden sollten, unabhängig
davon, ob die Eltern anwesend sind oder nicht. Es kann
auch erfassen, dass unterschiedliche Regeln an verschie-
denen Orten Anwendung finden; dass die Schule und
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