Page 170 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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Leben zu haben. Solche Ohnmachtsgefühle können sich
in Aggression und Wut äußern.
Manche Pflegekinder haben nie ein normales Fami-
lienleben kennen gelernt und haben daher keine richtige
Vorstellung von einer Familie. Sie brauchen Wärme und
klare Grenzen sowie Zeit, sich auf diese Dinge einzustel-
len und mit ihnen umzugehen. Oft möchten sie ihre
Pflegeeltern unbedingt zufrieden stellen, wissen aber
nicht wie. Anfangs benehmen sich Pflegekinder häufig
besonders korrekt, um von den Pflegeeltern Zustimmung
zu erlangen. Sie werden jedoch schwieriger wenn sie
sich eingelebt haben. Das kann ein gutes Zeichen sein,
da es zeigt, dass die Kinder beginnen, die Regeln zu tes-
ten und sich ihrer neuen Familie anzuschließen. Pfle-
gekinder zeigen oft Angst oder herausforderndes Verhal-
ten wie Trotz, Unehrlichkeit und Aggression. In einer
stützenden Familie sollte dieses Verhalten jedoch mit
der Zeit zurückgehen. Eine Studie zeigt, dass am Ende
eines Jahres etwa 75 Prozent der Pflegekinder ihr Ver-
halten verbessert und zu einem oder beiden Pflegeeltern
eine gute Beziehung hatten — zwei wesentliche Indika-
toren für eine erfolgreiche Unterbringung.
Im Allgemeinen werden Pflegekinder, die zu ihren
Pflegeeltern eine gute Beziehung aufbauen, auch mit
ihren neuen Geschwistern auskommen, auch wenn es
immer mal wieder zu Streitereien kommen kann. Pflege-
kinder haben häufig Schwierigkeiten, Freundschaften zu
schließen und aufrechtzuerhalten, weil sie das typische
Verhalten zurückgewiesener Kinder zeigen: Unempfäng-
lichkeit für die Gefühle anderer, Unfähigkeit, Spielre-
geln zu beachten, und aggressives Spielverhalten.
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