Page 30 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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^g Ludwig Lange.
Ordnung wie die unselige bewegen, es angängig ist, eben diese Körper als ein
rohes Bezugssystem zu verwenden ; dass weiterhin die Erde, so wie sie aufgebaut
und gelegen ist, mit einer grob gemessen gleichförmigen Winkelgeschwindigkeit
in Bezug auf jene Körper in Drehung begriffen sein muss; und endlich, dass uns
eben darum für die meisten praktischen Zwecke das Recht zusteht, die Fixsterne
als Bezugssystem und die Erdumdrehung als Zeitscala zu benutzen. Ja noch
mehr, mit jener Annahme wird es offenbar, dass die Correctionen, welche an den
rohen, bezüglich dieses Raumsystemes imd bezüglich dieser Zeitscala gemachten
Beobachtungen anzubringen sind , in demselben Maße genauer bekannt werden
müssen, als wir eine vermehrte Kenntniss von den Fixstembewegungen und von
den Massen und Bewegungen der einzelnen Glieder des Sonnensystems erlangen.
So hat jene Art und Weise, das Princip der Relativität in den Bewegungs-
gesetzen zum Ausdruck zu bringen, über die eben erwähnten Yorzüge hinaus noch
den Vortheil, welchen Mach für seine Formulirung in Anspruch nimmt, nämlich,
dass ihre Tendenz dahin geht, den Fortschritt der "Wissenschaft anzuspornen**).
Es kann sich natürlich herausstellen, dass die der obigen Methode zu Grunde
liegende Voraussetzung unhaltbar ist, d. h. dass es in Wirklichkeit gar keine Axen
gibt, in Bezug auf welche Newton 's Gesetze (in mathematischer Strenge) gelten.
In diesem Falle werden eben andere Axiome formulirt werden müssen. Einst-
weilen aber kann man doch sagen, dass die obige allgemeine Form der Gesetze
uns, zum mindesten dem begrifflichen Inhalte nach (qualitatively) , nicht allein
den empirischen Ausdruck, den sie zur Zeit haben, als besonderen Fall an die
Hand gibt, sondern dass sie auch über die früheren empirischen Ausdrucksformen
Rechenschaft ablegt und die Richtung anweist, nach welcher hin wir arbeiten
müssen, damit sie in Zukunft verbessert werden können.
Der erste Abschnitt von Mac Grregor's Arbeit schließt mit einer
vollkommen zutreffenden Kritik der hier und da (selbst in der gegen-
wärtigen Literatur) auftretenden, namentlich von Streintz verfoch-
tenen irrigen Behauptung, als sei es möglich, »absolut feste« Rich-
tungen im Raum experimentell festzustellen. Da ich in meinem »Be-
wegungsbegriff« diesen Irrthum eingehend widerlegt habe, begnüge ich
mich, folgende Stelle aus einer Anmerkung Mac G-regor's zu citiren,
welche deutlich erkennen lässt, ein wie consequenter Belativist dieser
Autor ist.
In Bezug auf im Erdkörper festgelegte Axen drehen sich die Fixsterne um die
Polverbindungslinie der Erde um, wohingegen in Bezug auf ein an die Fixsterne
angeheftetes Axenkreuz die Erde das sich umdrehende ist. Welches ist nun die
wirkliche Bewegung? Antwort: beide Bewegungen sind wirklich, so wirklich, als
überhaupt irgendwelche Bewegungen sein können. Der Versuch von Foucault
und andere ähnliche Versuche werden allerdings als Beweise dafür angesehen, dass
es die Erde sei, was sich in Wirklichkeit umdrehe. Zufolge dem Obigen beweisen
sie hierfür ganz und gar nichts; sie beweisen lediglich, dass in Hinsicht auf
ein dynamisches Bezugssystem die Erde und nicht der Fixsterncomplex in
Umdrehung befindlich ist. Eine Bewegung, welche in Bezug auf ein solches
System näher bestimmt ist, hat nichts wirklicheres, als eine in anderer Weise