Page 28 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Ludwig Lange.
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       Betrachtungen zu Ende verfolgt, schlägt er schließlich vor, das erste Gesetz in der
       folgenden Form auszusprechen:  »Relativ zu irgend einem Coordinatensystem , in
       Bezug auf welches drei (gleichzeitig) vom selben Raumpunkt ausgeschleuderte und
       sodann unbeeinflusst gelassene Masseotheilchen, die jedoch nicht in einer Greraden
       liegen,  drei beliebige in einem Punkt zusammenlaufende geradlinige Bahnen be-
       schreiben  (die Coordinatenaxen zum  Beispiel) — relativ zu einem solchen Co-
                                            ,
       ordinatensystem wird die Bahn auch jedes vierten unbeeinflussten Punktes gerad-
       linig  sein. Und  relativ zu irgend  einer  Zeitscala,  in Bezug  auf welche  ein
       unbeeinflusstes Theilchen hinsichtlich der oben bezeichneten Axen gleichförmig
       fortschreitet, vdrd auch jedes andere unbeeinflusste Massentheilchen in gleichför-
       migem Fortschritt bewegt sein, sofern seine Bewegung auf dieselben Axen be-
       zogen wird.
           Die gleiche Methode war es auch, welche ich — ohne noch auf Lange's
       Abhandlung gestoßen zu  sein — in meiner »Adresse« anwandte, indem ich zu
       dem Schluss gelangte, dass  die beiden ersten Gresetze Geltung haben relativ zu
       irgend einem unbeeinflussten Theilchen als Coordinatenursprung (point of reference).
       und zu geraden Linien, welche von diesem Theilchen zu anderen unbeeinflussten
       Massentheilchen von gleicher Geschwindigkeit, wie das erste, gezogen werden, als
       Bezugsaxen. Ich zeigte femer, wie daraus folgt, dass bei Behandlung gewöhnlicher
       Bewegungsprobleme an der Erdoberfläche ein im Erdkörper festgelegtes Axensystem
       praktisch als dynamisches Bezugssystem dienen kann^O).
           Im Hinblick auf alle derartigen Methoden der Axenbestimmung fragt Pro-
       fessor Lodge: »Wie können wir die "Wurfbahnen unbeeinflusster Theilchen als
       Axen nutzbar machen, ohne fortwährend stillschweigend das erste Gesetz anzu-
       nehmen?« — Eine Kritik in Form einer ungenauen Frage ist, weil unbestimmt,
       schwer zu treff'en. Wenn die Verwendung solcher Wurfbahnen zur Axenbestim-
       mung wirklich das erste Gesetz bei  seiner eigenen Formulirung bereits voraus-
       setzte, so müsste  es doch leicht sein genau anzugeben, an welcher Stelle diese
       Voraussetzung gemacht zu werden scheine ; und eine bestimmte Kritik dieser Art
       könnte sogleich »bei den Hörnern gepackt« (met) werden.  Indessen, aus dem Zu-
       sammenhang zu schließen, ist die Frage wahrscheinlich eingegeben von der miss-
       verständlichen Auffassung,  als ob  die Anwendung solcher Wurfbahnen die An-
       nahme ihrer Geradlinigkeit im absoluten Räume voraussetze, — eine Auffassung,
       die unmittelbar aus dem Glauben entspringt, als ob das Ziel der Axenbestimmung
       die Beschreibung von Geschwindigkeiten in absolutem Sinne sei.  Die Absicht bei
       der Axenbestimmung ist aber in Wahrheit durchaus nicht darauf gerichtet, »das
       Unmögliche zu versuchen.« Und wenn die Bahnen unbeeinflusster Theilchen als
       Axen, oder zur näheren Bestimmimg von Axen benutzt werden, so wird keinerlei
       Voraussetzung in Bezug auf ihre »Form an sich« gemacht.  Dabei wird vielmehr
       ausdrücklich anerkannt, dass man ihnen gar keine bestimmte Form zuschreiben
       kann,  es  sei denn mit Beziehung auf andere Axen; und dass man ihnen durch
        Veränderung der Axen, bezüglich deren ihre Formen näher bestimmt werden,
        eine unendliche Anzahl von Formen ertheilen kann.  Und da über ihre »Form
        an sich« keine Annahme gemacht wird, schließt ihre Anwendung durchaus keine
        Voraussetzung des ersten Gesetzes ein.
           Wir werden ferner gefragt, wie wir uns in Hinsicht solcher Axen auf die
        Erfahrung des Menschengeschlechtes berufen können *i). Da muss allerdings zu-
        gegeben werden,  dass  eine unmittelbare Berufung nicht möglich  ist.  Die
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