Page 33 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Das Inertialsystem vor dem Forum der Naturforschung.  21

    dazu sagt, hoffe ich später an einem anderen Orte Bericht erstatten
    zu können.  Die Reihenfolge der Betrachtung wird der Hauptsache
    nach  eine chronologische  sein, und nur in wenigen Fällen soll aus
    Zweckmäßigkeitsgründen von dieser Anordnung abgewichen werden.
       Eine der rückhaltlosesten Anerkennungen, die der Begriffsbestim-
    mung des Inertialsystemes überhaupt widerfahren sind, ist diejenige von
    Seiten des Astronomen H. Seeliger^).   In einer recht ausführlichen
    Besprechung innerhalb der > Literarischen Anzeigen c der »Yierteljahrs-
    schrift der Astronomischen Gesellschaft« bezeichnet Seeliger meine
    Festsetzungen als einen »wesentlichen Fortschritt und als einen »sehr
    wichtigen Beitrag  zui- Klarlegung«  der  »schwierigen und wichtigen
    Probleme«,  die die Grundprincipien  der Bewegungslehre  betreffen.
    Der Aufsatz in den Leipziger Berichten reicht nach ihm bereits aus,
    um einmal vorläufig »über das, was der Verfasser angestrebt und,
    vde gleich hinzugefügt werden soll, auch vollkommen erreicht hat, zu
    Orientiren«.  Seeliger bespricht sodann  die New ton' sehe Fiction
    eines  »absolut  festen«  Coordinatensystems  bezw.  des  »absoluten
    Raumes«, und bezeichnet diese als »Begriffe, deren Dunkelheit durch
    Umschreibungen nicht weggeschafft werden kann.    Es kann aber«,
    so fährt er fort,  »nicht bezweifelt werden,  dass solche Definitionen
    nicht geeignet sind,  die Grundlage einer ganzen Wissenschaft abzu-
    geben, und die Nothwendigkeit, hier Klarheit zu schaffen, dürfte nicht
    zu bezweifeln sein«.
       »Dem Verfasser   ist  dies in ausgezeichneter und beinahe über-
    raschend aufklärender Weise gelungen durch die Aufstellung folgender
    Definitionen und Lehrsätze«.  Folgt:  I. Die  s. Z. von mir vorge-
    schlagene Definition des Laertialsystemes.  n. Das Theorem, welches
    den räumlichen Theil des Gesetzes ausspricht.  III.  Die  Definition
    der Liertial-Zeitscala.  IV. Das Theorem, in welchem der zeitliche
    Theil des Gesetzes seinen Ausdruck findet. Der Referent gibt sodann
    einen Bericht über die analytisch-phoronomischen Entwicklungen, in
   welchen mir der Nachweis gelang,    dass, wenn   es  überhaupt  ein
   Trägheitsgesetz gibt, die oben genannten Definitionen und Theoreme
   den wesentHchen, durch Empirie und Rechnung bestätigten Lihalt
   desselben erschöpfen.
       Auf die weiteren kritischen,  in der Hauptsache übrigens zustim-
   menden Bemerkungen, die Seeliger meiner Bemängelung der in der
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