Page 38 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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26                        Ludwig Lange.

        begründete Weg der Forschung scheint mir vielmehr in der Richtung
        zu hegen,  dass in solchen Fällen, wo man Abweichungen für sich
        selbst überlassen gehaltener Punkte von der geradlinigen Bahn
       beobachten  sollte,  es  das Nächstliegende  sein würde,  genauer zu
       prüfen, ob die Annahme des Sich-selbst-überlassen-seins denn auch
       zutrifft, ob nicht vielmehr  die einfache Voraussetzung ablenkender
       Kräfte  ausreicht, um  die beobachteten Abweichungen ausreichend
       zu  erklären.  Die  Greschichte der Entdeckung  des Neptun  durch
        Leverrier und Adams wäre ein     classisches Vorbild  für  derartige
       Forschungen.   Auf die Bewegungen der    Fixsterne  selbst  das Be-
        harrungsgesetz anzuwenden,  ist von dem mehr physikaHschen    als
       astronomischen Standpunkt, den Mach in     dieser Frage einnimmt,
       der Natur der Sache nach unmöglich.
           Im Anschluss an die Mach' sehen Erörterungen haben B. u. J.
       Friedländer 1896 eine Versuchsanordnung mitgetheilt, von der sie
       sich einen Erfolg zur Beantwortung der Frage versprechen, ob die
                                                                     Das
       von Mach angedeuteten Möglichkeiten thatsächlich zutreffen 3).
       möglichst rasch rotirende Schwungrad eines großen Walzwerkes soll
       durch seine eventuelle Einwirkung auf eine Drehwage  ^i)  den Einfluss
       unmittelbar benachbarter rotirender Massen auf die Bahnen sich selbst
       überlassener Punkte nachzuweisen   gestatten.  Es würde  sich  also,
       methodologisch betrachtet, um ähnliche Versuche handeln, wie   sie
        z. B. von Cavendish zur Ermittelung der Erdmasse angestellt worden
        sind;  auch an  die fehlgeschlagenen Versuche von O. Lodge,   be-
       treffend die Mitbewegung des Aethers in rotirenden Massen, darf in
       diesem Zusammenhange erinnert werden.    Ob die zufolge der Fried-
       länder' sehen Anordnug^ etwa unternommenen Experimente inzwischen
       ein einwandfreies ErgÄmiss erzielt haben,  ist, soviel ich sehe, nicht
       bekannt  geworden.   Die großen   technischen  Schwierigkeiten  hebt
        J. Friedländer bereits selbst hervor, und Mach seinerseits besorgt,
        dass das Experiment überhaupt quantitativ nicht zureichen werde,
       um entscheidend zu seines).
           Der von Mach erhobene Einwand gegen meine Vorschläge, dass
       man durch   alle diese Ausdrucksweisen nur scheinbar  die Beziehung
       auf den Fixstemhimmel u.  s. w. umgehe, hat übrigens, abgesehen von
        seiner soeben besprochenen materiell-physikahschen Seite, noch eine
       rein methodologische Seite, auf die ich nicht weiter einzugehen brauche,
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