Page 54 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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:                                                        ,



        42                         Ludwig Lange.
         Coefficienten zu — , das nüchterne Aequivalent seiner »Masse« —

        und machen weiterhin folgende Annahmen, über deren Zulässigkeit,
        wohl gemerkt, wiederum erst die Uebereinstimmung oder Nichtüber-
        einstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung entscheiden     soll,
        nämlich
            1) Die Beschleunigung unseres Planeten ist in jedem Augenblicke
        die Resultante von ebensoviel Beschleunigungscomponenten, als andere
        benachbarte Körper vorhanden sind.  So gibt es eine von der Sonne
                                                 eine von  der Erde
        herrührende Beschleunigungscomponente ,                       her-
        rührende, eine vom Mercur herrührende, u.  s. w.  Alle diese einzelnen
        Beschleunigungscomponenten, nach einfachen geometrischen Sätzen
        zusammengesetzt,  ergeben zusammen    die  beobachtete Gesammtbe-
        schleunigung.
            2) Die Richtung derjenigen Beschleunigungscomponente unseres
        Planeten, welche der Sonne zugeschrieben wird, stimmt mit der von
        der Venus nach der Sonne hin gezogenen Verbindungslinie überein;
        ihre Grröße bestimmt sich als ein Product, in welches das reciproke
        Quadrat des jeweiligen Abstandes zwischen Sonne und Venus      als
        ein Factor, und der der Sonne zugeordnete noch unbekannte Massen-
        coefficient  als anderer Factor eingeht.  Und in analoger Weise be-
        stimmen  sich Richtung und Glröße   aller übrigen Beschleunigungs-
        componenten des Planeten Venus,    die wir der Erde, dem Mercur
        und anderen benachbarten Himmelskörpern zuschreiben.
            Auf Grund   dieser,  ganz und gar keine metaphysischen Begriffe
        erfordernden Annahmen gelingt es alsdann, Formeln zu entwickeln,
        welche bei passender Bewerthung der Massencoefficienten gestatten,
        durch einfache Einsetzung der in einem bestimmten Augenblicke be-
        obachteten numerischen Werthe für Lage, Bewegungsrichtung und
        Geschwindigkeit  der  einzelnen Glieder des Sonnensystems den Ort
        der Venus für spätere Zeitpunkte in mit der Beobachtung über-
        einstimmender Weise vorherzusagen ^^j.
           Die vorstehende, nur die Hauptpunkte der astronomischen Bahn-
        bestimmungsmethoden skizzirende, dem Mathematiker gleichwohl viel-
        leicht schon etwas weitläufig erscheinende Auseinandersetzung zeigt,
        dass der richtig verstandene astronomische Kraftbegriff, solange wir das
        heliocentrische Fixsternsystem und den Drehungswinkel der Erde der
        räumlich-zeitlichen Beschreibung der Planetenbewegungen zu Grunde
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