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Der Wein und das Holz
Der Ausbau von Wein im Holzfass steht für viele Weinfreunde für einen Zugewinn von Qualität. Holz sorgt
aber nicht grundsätzlich für eine Verbesserung des darin gelagerten Weines. Nur die Veränderung des Inhalts
ist garantiert. Doch warum verwendet man überhaupt Fässer? Und welches Holz eignet sich besonders gut und
wie groß ist ein Fass optimaler weise? Zudem: Kann man herausschmecken, dass ein Wein im Holzfass
ausgebaut wurde?
Dass Eichenfässer Rot- und Weißwein in ihrem Geschmack und Geruch beeinflussen, ist den meisten Wein-
freunden wohl bekannt. Holzfässer sind somit das genaue Gegenstück zu den völlig neutralen Edelstahltanks,
die in jeder Kellerei zu finden sind, um darin die alkoholische Gärung durchzuführen. Doch ist es nicht nur das
typische Vanille-Aroma, das insbesondere neue Holzfässer in Weinen entstehen lassen. Es ist die Tatsache,
dass Holzfässer nicht ganz luftdicht sind, die den Unterschied macht: Der minimale Sauerstoffkontakt lässt
Weine nach einer gewissen Reifezeit weicher wirken – die adstringierenden Tannine sind förmlich
„abgeschliffen“.
Zudem bietet das „Klima“ in einem Holzfass ideale Voraussetzung für die sogenannte malolaktische Gärung –
ein Vorgang, bei dem die im Wein enthaltene Apfelsäure in Milchsäure umgewandelt wird. Der Wein wirkt an-
schließend weniger säurebetont und besitzt eine gewisse „Cremigkeit“. Bei der Rotweinherstellung bereits
Standard und insbesondere bei kräftigen Weißweinen auch häufig durchgeführt.
Holz ist die einzige (zugelassene) Möglichkeit Wein aromatisch zu beeinflussen. So ist es wenig verwunderlich,
dass die Experimentierfreude traditionell enorm groß ist. Dabei kamen und kommen ganz unterschiedliche Holz-
sorten zum Einsatz – so wird man beispielsweise in einer Portwein-Kellerei immer auch alte Fässer aus Kasta-
nienholz finden. Doch haben sich in den vergangenen Jahrhunderten im Wesentlichen Weinfässer aus Eichen-
holz durchgesetzt.
Die typischen Vanille-Aromen lassen sich sowohl in fassausgebauten Rotweinen als auch bei Weißweinen
„herausriechen“. Doch abhängig vom gewählten Fass kommt ein ganzes Kaleidoskop von sensorischen Eindrü-
cken hinzu. Als Faustformel kann man sich merken, dass würzige, eher dunkle Aromen vom Holz und weniger
von den vergorenen Trauben herrühren. Riecht ein Wein also nach Zedernholz, Kokosnuss, Schokolade, Nelke
oder Kaffee, liegt die Vermutung nahe, dass er Holzkontakt hatte.
Je häufiger man ein Fass mit Wein füllt und darin reifen lässt, desto weniger aromatische Komponenten gibt das
Holz an den Wein ab. So wird die Einflussnahme von Belegung zu Belegung geringer. Der Winzer unterscheidet
daher zwischen Erst-, Zweit- und Drittbelegung und wählt die für ihn passenden Fässer für die entsprechenden
Weine sorgsam aus. Dabei wandern die besonders kraftvollen Weine am ehesten in neue Fässer. Sie halten sie
dem aromatischen Einfluss stand, ihre Eigenaromen bleiben weiterhin präsent. Bei weniger füllig strukturierten
Weinen sind eher gebrauchte Fässer angeraten. Oder man setzt gar einen Mix aus Alt und Neu ein, um sich
dem gewünschten „Holzgrad“ vorsichtig anzunähern.
Eigentlich ist das Physik: Je größer ein Fass ist, desto weniger Kontakt hat das Holz mit dem Wein. Zudem wird
der Wein in großen Fässern auch mit weniger Sauerstoff versorgt. Also einfach ausgedrückt: Kleine Holzfässer
beeinflussen Weine stärker als große Fässer.