Page 107 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Enzymaktivität ist geringer als bei technischen Enzympräparaten, auch das
          Mischungsverhältnis lässt sich nicht genau einstellen, weil der Enzymgehalt von der
          Qualität des Ausgangsgetreides abhängt, und die unterliegt natürlichen Schwankungen.


          Enzymaktives (ungeröstetes) Sojamehl enthält das Enzym Lipoxigenase und sorgt für

          einen stabileren Teig (Straffung des Klebergerüstes). Der Nachteil: Sojamehl oxidiert
          die im Mehl enthaltenen Carotinoide, bleicht also das Mehl und nimmt ihm dadurch
          einen Teil des Eigengeschmacks. Einen ähnlichen Effekt hat Süßlupinenmehl. Es
          verbessert das Wasserbindevermögen, verfeinert die Krumenporung und vergrößert das
          Gebäckvolumen.





                                   Clean Label: Da immer mehr Verbraucher kritischer in Sachen Zusatzstoffe werden,
                                   kommen mehr und mehr Produkte auf den Markt, die mit großen Stickern „Ohne
                                   Zusatzstoffe“ oder Ähnlichem werben. Die Zutatenliste sieht sauber aus, aber es
                                   stecken meist doch Substanzen drin, die bestimmte Produkteigenschaften erzeugen.
                                   Die Entwicklung deklarationsfreundlicher Zusatz- und Hilfsstoffe ist deshalb ein
                                   boomendes Geschäft. Mittel der Wahl sind in erster Linie technische Enzyme (siehe S.
                                   71) . Sie gelten als Verarbeitungshilfsstoffe und müssen nicht deklariert werden. Nicht
             selten erzeugen sie im Produkt aber die gleichen Substanzen, die früher als deklarationspflichtige Zusatzstoffe
             eingesetzt wurden. Viele Verbraucherverbände fordern deshalb eine Volldeklaration aller verwendeten Zutaten,
             Zusatz- und Hilfsstoffe. Einige Bioverbände und Bäckerorganisationen setzen dies bereits freiwillig um (siehe
             S. 18) .




          Natürliche Fette und Öle enthalten Emulgatoren, die sich Bäcker, zum Beispiel in Form
          von Butter, Rindertalg oder Schweineschmalz, schon seit Jahrhunderten in Klein- und
          Festtagsgebäcken zunutze machten. Eigelb enthält den Emulgator Lecithin, der vor allem

          in fettreichen Gebäcken, aber auch in Brot und Brötchen einen guten Dienst leisten kann.
          Milchprodukte halten das Brot länger frisch und sorgen für eine gute Krustenbräunung.
          Außerdem runden sie den Geschmack ab.


          Als Ersatz für synthetische Ascorbinsäure wird vor allem in der Biobranche der Saft

          oder das Pulver der Acerolakirsche verwendet, seltener auch von Sanddorn und
          Hagebutte. Alle sind reich an natürlichem Vitamin C, das den Kleber straffer macht und
          die Mehlreifung beschleunigt. Ähnliches lässt sich mit Zitronen- oder Orangensaft
          erreichen, aber in deutlich höherer Dosierung.


          Der wichtigste Ersatzstoff ist allerdings das Wissen um geeignete Herstellungsverfahren

          und die Fähigkeit des Bäckers, seine Arbeit dem Teig anzupassen. Wichtig sind hier
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