Page 106 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Da Enzyme Eiweißverbindungen sind, denaturieren (gerinnen) sie oberhalb von etwa 50
bis 60 °C und sind nicht mehr wirksam. Deshalb war es in Backwaren bislang nicht
nötig, Enzyme als Zusatzstoffe zu deklarieren. Inzwischen existieren zahlreiche Enzyme
(zum Beispiel Thermo-Proteasen), die auch weit oberhalb dieser Temperaturen
wirksam bleiben und so das Backen überstehen könnten. Die Kerntemperatur erreicht im
Brot oder Brötchen im Normalfall maximal 98 °C.
Enzyme im gebackenen Brot?
Mit der Häufung von Unverträglichkeiten beim Essen von Brot tauchte auch die Frage
nach der Rolle von technischen Enzymen auf. Üblicherweise werden sie beim Backen
durch die hohe Temperatur inaktiviert. Der Einsatz von Enzymen in Broten oder
Brötchen, die bei über 98 °C (Kerntemperatur von Brot) stabil sind, ist jedoch
unwahrscheinlich. Die momentan nutzbaren enzymatischen Veränderungen im
gebackenen Brot würden die Qualität eher negativ beeinflussen.
Dennoch: Vor allem in Bereichen der Brotkruste, die beim Backen nicht mit
Wasserdampf in Kontakt kommen (zum Beispiel beim Kastenbrot), verändern sich die
Enzymstrukturen kaum, obwohl sie durch die Hitze in ihrer Funktion inaktiviert wurden.
Technologisch wirksam sind sie nicht mehr, aber sie behalten so ihr allergenes
Potenzial, wenn auch verringert. Es gibt momentan etwa 10 000 natürliche und rund 240
kommerziell erwerbbare technische Enzyme. Die derzeitig verfügbaren Labormethoden
erlauben es nicht, eine Probe nach Enzymen durchzuscannen. Es muss nach jedem
einzelnen Enzym gezielt und aufwendig gesucht werden. Da niemand außer den
Herstellern die genaue Spezifikation der eingesetzten Enzyme kennt und damit der
Nachweis unmöglich ist, wäre eine generelle Kennzeichnungspflicht für technische
Enzyme angebracht.
Natürliche Ersatzstoffe
Nicht jeder Zusatz- oder Hilfsstoff kann durch naturbelassene Zutaten ersetzt werden.
Und wenn doch, dann nicht in dieser klar definierten Wirkung auf den Teig oder das
Brot. Meist kommen die synthetisch gewonnenen Helfer in der Natur im Verbund mit
anderen Stoffen vor, die weitere Eigenschaften der Backwaren verändern.
Die ursprünglichsten Backmittel sind Malze, zum Beispiel aus Gerste und Weizen. Sie
enthalten einen natürlichen Mix aus Enzymen, vor allem aus alpha- und beta-Amylase,
aber auch aus Peptidasen, Hemicellulasen und verschiedenen Oxidasen. Die