Page 219 - Stiftung Warentest - Warenkunde Brot - Gutem Brot auf der Spur
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Vom ersten Sauerteigansatz kommt ein Teil verschlossen in den Kühlschrank (4 bis
8 °C). Der andere Teil wird verbacken, verschenkt oder entsorgt. Alle 7 bis 14 Tage,
spätestens aber wenn sich eine wässrige Flüssigkeit auf der Oberfläche zeigt, erfolgt
die Auffrischung. Während der Lagerung im Kühlschrank arbeiten die Mikroorganismen
eingeschränkt weiter, verstoffwechseln die Mehlbestandteile. Dabei entsteht neben
Kohlenstoffdioxid, Säure und Wasser auch Alkohol. Säure, Wasser und Alkohol setzen
sich oberflächlich als grau-schwarzer „Fusel“ ab. Der Sauerteig wird durch die
abgebaute Teigstruktur immer flüssiger. Wenn keine Nahrung mehr vorhanden ist, fallen
die Mikroorganismen in den Ruhezustand oder sterben. Um sie am Leben zu halten,
brauchen sie Nahrung in Form von Mehl. Für das Auffrischen beziehungsweise
Aktivieren des gelagerten Ansatzes werden Mehl und warmes Wasser zu gleichen Teilen
mit 10 bis 20 Prozent des Anstellgutes (bezogen auf die Mehlmenge) gemischt. Diese
Mischung reift etwa 10 bis 18 Stunden bei Raumtemperatur oder idealerweise sechs bis
zehn Stunden bei 26 bis 30 °C, ehe sie wieder in den Kühlschrank gestellt wird. Der
alte, übersäuerte Sauerteigansatz wird entsorgt — beispielsweise auf dem Kompost.
Tipp vom Profi
Sie können aus einem beliebigen Sauerteig einen anderen Sauerteig herstellen, ohne die fünftägige
Grundprozedur abarbeiten zu müssen. Dazu frischen Sie Ihren Sauerteig einfach mit anderem Mehl auf,
nehmen also zum Beispiel etwas Anstellgut von Ihrem Roggensauerteigansatz ab und mischen ihn mit
Dinkelmehl und Wasser anstatt mit Roggenmehl und Wasser. Bei den nächsten Auffrischungen geben Sie
immer Dinkelmehl als Nahrung. Nach fünf bis zehn Auffrischungen hat sich eine stabile Dinkelsauerteigkultur
entwickelt.
Um ein Sauerteigbrot zu backen, wird nach Rezeptangabe der jeweilige Sauerteig
angerührt. Dabei wird neben Mehl und Wasser immer auch Anstellgut, also bereits
angesetzter, im Kühlschrank lagernder Sauerteig benötigt. Er funktioniert als Impfkultur.
Diese vom jeweiligen Brotsauerteig abgekoppelte Pflege des Sauerteigansatzes hat
viele Vorteile gegenüber der traditionellen Variante. Insbesondere entwickelt sich durch
gleichbleibende Mehlsorten, Wassermengen und Temperaturbedingungen sowie das
regelmäßige Auffrischen eine stabile und aktive Sauerteigkultur, egal welches
Brotrezept gebacken wird. Je häufiger bei 26 bis 30 °C aufgefrischt wird, umso
triebstärker und milder wird der Ansatz. Auch die verwendete Mehltype spielt eine
Rolle. Während beim allerersten Ansatz noch Vollkornmehl ratsam ist, kann beim
Auffrischen auch Typenmehl verwendet werden. Je heller das Mehl (je niedriger die
Type), umso milder, aber auch weicher wird der Sauerteigansatz.