Page 115 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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PROBEN, PFLANZEN, PLÄNE

  Zurück ins Waldviertel. Je nach Erntejahr und Wetter beginnt die Hauptsaison in Raabs im Juni oder
  Juli. Nach dem Dreschen wird das Korn von den Landwirten angeliefert, dann ist als erstes die Waage
  an der Reihe. Danach werden von jeder Wagenladung Muster „gestochen“, wie man diesen Vorgang
  nennt. Dazu bohrt Lisa Dyk mit einer langen, hohlen Stange, die sich mittels eines Drehmechanismus
  an  mehreren  Löchern  öffnen  lässt,  an  verschiedenen  Stellen  in  die  großen  Getreideberge  auf  den
  Anhängern  und  nimmt  Proben.  Dieses  Kornmuster  ist  ein  perfektes  Abbild  der  gesamten  Ladung,
  wird  anschließend  in  eigene  kleinere  Behälter  gefüllt,  beschriftet  und  in  einem  ersten
  Labordurchgang  auch  gleich  überprüft.  Sollte  es  notwendig  sein,  es  später  nochmals  genauer
  analysieren  zu  lassen,  wird  darauf  zurückgegriffen.  Es  lässt  sich  anhand  dieser  Proben  auch  nach
  Monaten noch nachverfolgen, von welchem Lieferanten welches Korn in welcher Qualität stammt.

     Wird das Getreide nach der Erstanalyse für gesund und zum Ankaufen geeignet befunden, folgt
  nach  dem  Abladen  der  nächste  Schritt:  die  Vorreinigung.  Mittels  Luftstrom  und  Siebmechanismen
  wird der „Besatz“ entfernt, wie die Fachleute sagen. Das sind etwa Strohreste, kleine Steine, andere
  Pflanzensamen, Insekten oder andere unerwünschte Bestandteile.
     Danach wird das Getreide je nach Qualität in einzelne Silozellen gefüllt, wo es bis zur weiteren
  Verarbeitung lagert – in manchen Fällen jahrelang. Ein genauer Plan gibt dazu Auskunft, was, wo und
  seit wann gelagert ist.
     Geht’s  schließlich  ans  Mahlen,  wird  das  Korn  nochmals  gereinigt.  Und  schließlich  mit  Wasser
  benetzt.  Lisa  Dyk:  „‚Netz-Schälstufe  1‘  nennen  wir  das.  Dabei  werden  die  Körner  befeuchtet  und
  reiben sich gegenseitig die äußerste Schicht ab. Was einerseits nochmals eine Art Reinigung ist und
  andererseits das Getreide speziell auf den Mahlvorgang vorbereitet.“
     Danach wird das Getreide in sogenannten Abstehzellen so aufbereitet, dass es einen Wassergehalt
  von rund 17 Prozent Feuchtigkeit hat. Peter Dyk: „Da löst sich die Hülle quasi schon leicht ab und der

  Mehlkörper wird von der Schale besser trennbar.“ Anschließend geht es in die „Netz-Schälstufe 2“
  und dann sind die Körner bereit für die Mühle.
     Hier kommt nun das Dyk’sche DFM-Spezialverfahren zum Einsatz und wird für alle Mehle vom
  dunklen Vollkorn bis zum feinsten weißen angewendet. Drei verschiedene Mahldurchgänge erzeugen
  dabei das jeweils gewünschte Mehl. Immer wieder laufen die Körner durch noch feinere Siebe und
  Stiftmahlwerke. Auch wird dabei die Kleie vom Mehl getrennt, und schließlich ist es da: Jenes feine
  Pulver, das uns seit Menschengedenken das Grundnahrungsmittel Nummer eins beschert: Brot.
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