Page 116 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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Links:  Im  Aspirateur,  der  Getreidereinigungsmaschine,  wird  das  Korn  „sauber“.  Rechts:  Der  Silozellenplan  zeigt,
  welches Getreide wo lagert, etwa „Bio W“ (für Weizen) aus dem Erntejahr „15“. Rechts unten: Die Mehlsäcke werden
  genau beschriftet: Bio WVM steht für Bio-Weizenvollkornmehl.


  DAS RICHTIGE VERHÄLTNIS

  Die Kunst des Müllers besteht aber nicht nur in der richtigen Lagerung und sorgfältigen Vermahlung.
  Korn  wird  davor  auch  entsprechend  gemischt.  Und  zwar  so,  dass  es  zu  möglichst  backtauglicher
  Mehlqualität  verarbeitet  werden  kann.  Liefert  zum  Beispiel  eine  Ernte  aufgrund  der
  Wetterverhältnisse in einem speziellen Jahr weniger hochwertiges Getreide, so kann man mit dem
  anderer  Jahrgänge  ausgleichen,  um  das  gewünschte  Endresultat  zu  verbessern.  Dabei  müssen
  verschiedene Parameter beachtet werden: etwa der Stärkezustand, der Eiweißgehalt oder der Schalen-

  und Mehlkörperanteil jedes Korns. Was man damit erreicht, sind optimierte Backeigenschaften des
  Mehles,  was  Bäcker  ebenso  wie  Konsumenten  freut.  Denn  so  manche  alte  Bäuerin  weiß  vielleicht
  noch  zu  erzählen,  was  es  einst  bedeutet  hat,  mit  quasi  „schlechtem“  Korn  aus  einem  völlig
  verregneten Sommer ein ganzes Jahr lang Brot backen zu müssen.
     Zwei Labors befinden sich ebenfalls auf dem Betriebsgelände der Dykmühle: In einem wird das
  angelieferte Getreide untersucht, im anderen das gemahlene Mehl auf seine Eigenschaften getestet.
  Chemische  Eigenschaften  und  physikalische  Reaktionen  gehören  ebenfalls  zum  Alltag  der
  Mehlproduktion.
     Gleich  bei  der  Übernahme  wird  mittels  elektronischer  Prüfgeräte  Proteingehalt  und  -qualität,
  Feuchtigkeit sowie Volumengewicht des Korns gecheckt. (Letzteres gibt Auskunft darüber, wie dick-
  oder dünnschalig das Korn ist: Je schwerer ein Kubikmeter Getreide, desto größer sind die Körner
  und desto geringer ist zuletzt der Schalenanteil.)
     Der  Stärkezustand  wird  mit  einem  Fallzahlgerät  bestimmt.  Wobei  wir  wieder  bei  den  eingangs
  erwähnten  Amylogrammen  wären,  die  diesen  Zustand  in  eine  anschauliche  Kurve  verwandeln.
  Amylogramme  sagen  im  Wesentlichen  aus,  ob  die  Stärkemoleküle  im  Inneren  des  Korns  im  Ur-
  Zustand sind oder sich bereits verändern und dem natürlichen Prozess entsprechend schon austreiben

  wollen. Das passiert zum Beispiel, wenn es kurz vor der Erntezeit oft geregnet hat. Dann beginnt das
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