Page 49 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
P. 49
zufrieden sein, wenn’s auch ein bissel wenig ist. Es geht uns halt selber nit aufs best. Gesegne es Gott,
vermeint ist’s dir vom Herzen.‘“ (Peter Rosegger, „Erdsegen“)
BROT IM LEBENS- UND JAHRESLAUFBRAUCHTUM
Das tägliche Brot der meisten Menschen im Alpenraum wurde mit Roggenmehl gebacken, es war
dunkel, nahrhaft und haltbar. Weizenbrot galt als Herrenbrot, die ganz Armen aßen Brei oder buken
ihr Brot aus Hafer oder Gerste. Verständlich, dass man an besonderen Tagen im Lebenslauf oder im
Jahr Brot und Gebäck servieren oder verschenken wollte, das sich vom Alltagsgebäck unterschied –
durch das Mehl: kein Roggen, sondern Weizen. Und durch die Gestalt und Verzierung.
Brauchtumsbrot und -gebäck wurde in der Model oder von Hand geformt und mit Zutaten bereichert,
die im Alltag rar und damit dem Festtag vorbehalten waren: Zucker, Rosinen, Gewürze. Die Namen,
die die Menschen in den verschiedenen Regionen für Brauchtumsbrote und -gebäcke erfanden,
zeugen von Phantasie und Spielfreude – wenn schon die Zutaten nicht viele Variationen erlaubten, so
wollte man das Festtagsgebäck doch mit einer besonderen Bezeichnung adeln.
So ist es noch immer Brauch: zu Weihnachten feines Gebäck (vorheriges Bild), zu Ostern der Zopf mit bunten Eiern.
VON DER WIEGE BIS ZUR BAHRE
Im katholischen Alpenraum hatte jedes Kind eine Patin oder einen Paten. Die „Godl“, auch
„Gevatterinnen“ und „Gevater“ genannt, hatten die Aufgabe, das Kind zu einem guten Christen zu
machen, sie übernahmen aber auch soziale Funktionen. Sie unterstützten das Kind finanziell, förderten
seine Ausbildung. Wenn die Eltern starben, traten die Paten an deren Stelle. Wer einen vermögenden
Godl für seinen Nachwuchs gewinnen konnte, schloss damit gleichsam eine Ausbildungs- und
Lebensversicherung für das Kind ab.
Das Brauchrecht verpflichtete die Patinnen und Paten, ihre Schützlinge an Festtagen zu beschenken,
sie erhielten das bei dem jeweiligen Anlass übliche Brauchtumsgebäck: zum Beispiel einen Beugel,
ein ringförmiges Gebäck mit einem Osterei in der Mitte, oder einen Striezel, in den oft ein Geldstück
eingebacken war. Die Godl kümmerten sich auch um die Wöchnerin, wie die Besuche abliefen und
was sie der jungen Mutter zu essen brachten, war je nach Region festgelegt. Immer aber lag im Korb
ein weißes Brot, das die Frau stärken sollte. Mit Weizenmehl gebackene Brote galten als besonders
gesund und leicht verdaulich.
Waren die Kinder herangewachsen, galt es, sie unter die Haube zu bringen. Auch wenn die Ehen in
der Regel von den Eltern arrangiert wurden – war Besitz da, suchte man ihn durch Einheirat zu