Page 86 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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WEIZEN
Diverse Sagen aus dem Alpenraum erzählen folgende Geschichte: Ein Mann ist unterwegs
und sieht auf der Straße einen Haufen Weizenkörner liegen. Er bückt sich und steckt er so viele
Körner wie möglich in seine Westentaschen. Die werden ihm schwer beim Weitergehen, er greift
hinein: Die Körner haben sich in Silberstücke verwandelt. Noch deutlicher wird die Wertigkeit des
Weizens in folgender Sage: Ein Mann geht über die Zamser Innbrücke, und da stehen drei Säcke. Der
erste ist mit Weizen, der zweite mit Roggen und der dritte mit Gerste gefüllt. Der Mann nimmt von
jedem ein Körnchen. Als er nach Hause kommt, findet er drei Münzen in seiner Tasche: ein Gold-, ein
Silber- und ein Kupferstück.
Der Weizen wird zu Gold, denn er ist der König unter den Getreiden. Kapriziös und anspruchsvoll
wie eine Diva verlangt er optimale klimatische Bedingungen während der Reife-, Entwicklungs- und
Erntezeit, er mag’s gern warm und gedeiht nur auf guten Böden. Sind seine Ansprüche erfüllt, liefert
er das beste Backgetreide: hoher Kleberanteil, dazu noch vitamin-, mineral- und nährstoffreich. Er
enthält pro 100 Gramm 11,7 Gramm Eiweiß, überdurchschnittlich viel Mangan, Vitamin B1 und
Vitamin B6. Der überwiegende Teil dieser wertvollen Stoffe liegt in der Randschicht des Korns, die
bei der industriellen Verarbeitung abgeschält wird.
Neben der Gerste gehört Weizen zu den ältesten Getreidearten; die Arten Emmer und Einkorn