Page 83 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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ROGGEN
Das Wort „Korn“ steht in Altbayern und Österreich synonym für Roggen. Damit wird zum
Ausdruck gebracht, wie bedeutend dieses Getreide für die Regionen war und wie sehr die Menschen
es schätzten. In Amerika lässt sich Ähnliches beobachten. Dort trägt der Mais, den die Briten „maize“
nennen, den Namen „corn“. Auch er war bis zur Besiedlung des Mittleren Westens das Hauptgetreide
der Einheimischen wie der Zugewanderten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Besiegten von den
Siegern Hilfeleistungen erhielten, führte das zu Missverständnissen: Man bat um Korn, und die
Amerikaner schickten Mais.
Roggen wird erst seit relativ kurzer Zeit als Kulturpflanze angebaut (1800 bis 1000 v. Chr.). Für die
Germanen, Slawen und Kelten war er ein wichtiges Brotgetreide, die Römer rümpften die Nase:
„Roggen ist minderwertiges Zeug und nur zur Stillung des Hungers gut. Seine Ähre ist zwar
körnerreich und ausgezeichnet durch ihr Gewicht, aber sein Mehl ist widerlich wegen seiner dunklen
Farbe. Es wird ihm Speltweizen beigemischt, um seinen bitteren Geschmack zu mildern, doch bleibt
es dem Magen unangenehm“, schrieb Plinius im 1. Jahrhundert. Auch im 19. Jahrhundert wurde der
Roggen wegen seiner Farbe diskriminiert. Denn auch hier galt: Wer es sich leisten kann, isst
Weißbrot.
Die unteren Schichten wussten, was sie an ihrem Roggen hatten. Er ist anspruchslos und kann auch