Page 78 - Brot backen - wie es nur noch wenige können
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1. Jahrhundert lebte, berichtet: „Die Völker Germaniens säen Hafer und leben ausschließlich von
einem daraus bereiteten Brei.“ Für ihn und seine Zeitgenossen stellte das die Primitivität der Barbaren
unter Beweis. Andererseits aber mussten sie zugeben, dass die „Haferfresser“ recht kräftig waren, und
das mag auch an ihrer Kost gelegen haben: Hafer ist proteinreicher als Gerste, Weizen und Roggen,
zudem ist er reich an Mangan und den Vitaminen B1 und B2.
Weit übers Mittelalter hinaus war Hafer in Mitteleuropa Volksnahrungsmittel. Zur Brotherstellung
ist er zwar nicht geeignet, aber die Armen lebten sowieso überwiegend von Brei. Erst mit dem
Siegeszug der Kartoffel, die sich im späten 18. Jahrhundert endgültig durchgesetzt hatte, verschwand
der Hafer vom Speiseplan. Ernährungsphysiologisch gesehen war die Umstellung auf die Kartoffel
ein Rückschritt, enthält sie doch sehr viel weniger Protein als der Hafer. Die flächendeckende
Umstellung von Hafer auf Kartoffeln wurde auch dadurch erleichtert, dass Erdäpfel ebenso wenige
Ansprüche an Boden und Klima stellen wie der Hafer.
Bis die Kartoffel ihren Siegeszug antrat, ernährte der Hafer die Armen, die ihn als Brei aßen.