Page 180 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
P. 180
174 Kapitel 6 • Materielles Recht und Rechtsschutz in der EU
ihrer Unbestimmtheit häufig kaum justiziabel, also gerichtlich
überprüfbar.
2
6.2 Die Unionsbürgerschaft
Die Unionsbürgerschaft ist ein den EU-Bürgern unabhängig
von einer wirtschaftlichen Betätigung zustehendes Rechtsinsti-
tut. Die später zu erörternden klassischen vier Grundfreiheiten
knüpfen dahingehend an eine wirtschaftliche Betätigung an
und stehen somit nicht allen Unionsbürgern offen. Das Institut
der Unionsbürgerschaft ist erst seit Maastricht in den Verträ-
6 gen enthalten, die früher bestehende EWG bezog sich nur auf
wirtschaftliche Rechte, und es soll signalartig die Entwicklung
von einer wirtschaftlichen Einigung zu einer politischen Ei-
nigung betonen. Art. 25 AEUV sieht ausdrücklich die Fort-
entwicklung der Unionsbürgerschaft vor, womit eine weitere
Integration vorbereitet wird.
Art. 20 AEUV – Unionsbürgerschaft
(1) Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger
ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzt. Die
Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu,
ersetzt sie aber nicht.
2 (2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in den
Verträgen vorgesehenen Rechte und Pflichten. […] Diese Rechte
werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen
2 ausgeübt, die in den Verträgen und durch die in Anwendung der
Verträge erlassenen Maßnahmen festgelegt sind.
2
Zusätzliche EU-Bürgerschaft Die Unionsbürgerschaft ist an die Staatsangehörigkeit eines
2 Unionsbürgerschaft ist an die Mitgliedstaates geknüpft, sie kommt also nach dem jeweili-
gen Recht der Mitgliedstaaten zustande (C-135/08, Rottmann,
Staatsangehörigkeit geknüpft.
Slg. 2010, I-1449 Rn. 43). Sie stellt nur eine zusätzliche Bür-
2 gerschaft dar, die den Berechtigten besondere, sich aus dem
Vertrag ergebende Rechte und Pflichten vermittelt (Grczel-
2 czyk, Slg. 2001, I-6193). Eine EU-Staatsangehörigkeit wird
nicht geschaffen, dennoch haben die MS bei der Ausübung
des Staatsangehörigkeitsrechts die Unionsrechte zu beachten.
2 Der Entzug einer Staatsangehörigkeit muss dem unionsrecht-
lichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (C-135/08,
2 Rottmann, Rn. 59). Die Aufzählung in Abs. 2 ist nur beispiel-
haft und in den Art. 21 bis 24 AEUV näher ausgeführt, weitere
Rechte sind daneben möglich. Begrenzt werden die Rechte
2 durch die Verträge und das auf dieser Grundlage erlassene
Sekundärrecht.